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Und täglich grüßt die Wissenschaft
24.04.2007

Fiese Eindringlinge

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7 %
aller Lungenkrebserkrankungen gehen auf das Konto des radioaktiven Edelgases Radon.

Glosse

Der gewöhnliche Einbrecher kommt des Nachts, trägt mausgraue Kleidung und ist mit Dietrichen und Stemmeisen bewaffnet. Der gewöhnliche Hausbesitzer fürchtet um sein Hab und Gut, lässt sich von Polizei und Handwerk beraten und baut schließlich einbruchhemmende Türen und Fenster der Widerstandsklasse 3 ein.

Von scheinbarer und wohliger Sicherheit umschmeichelt lehnt sich unser Hausbesitzer zurück und hat doch seine Rechnung ohne den kleinsten aller Eindringlinge gemacht, um den sich allerdings nicht die Polizei, sondern eher die Physikalisch-Technische Bundesanstalt kümmert. Er ist notorisch flüchtig, nähert sich dem Haus gern unterirdisch, nutzt jede undichte Stelle und macht sich in der Wohnung breit. Dies solange, bis es ihm - meistens nach etwa vier Tagen - gefällt, zu zerfallen.

Denn bei dem Eindringling handelt es sich um das radioaktive Edelgas Radon, das überall im Erdboden schlummert. Radon ist ein natürlicher Fiesling der zusammen mit seinen schwermetallenen Folgeprodukten für etwa 7 % aller Lungenkrebserkrankungen verantwortlich ist.

Annette Röttger und Anja Honig aus der PTB können den Eindringling zwar auch nicht fernhalten, aber sie können ihn in ihrer Radonnormal-Kammer aufs Genaueste studieren. Und damit alle Radon-Messungen auf seriöse Füße stellen. Und was sollte der tun, der zuviel Radon im Haus hat? Die beste Waffe gegen den Eindringling ist - alle gewöhnlichen Einbrecher bitte jetzt weghören: Ein Fenster der Widerstandsklasse Null, das offene Fenster.
(jes)



Fakten

Radon - Radioaktives Gas in der Luft

Das natürlich auftretende Gas Radon stellt nach heutigen Erkenntnissen die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs dar. Die häufigste ist das Rauchen. Infolgedessen werden große Anstrengungen unternommen den Gehalt von Radon in der Luft zu messen um die Bevölkerung zu schützen. Für Arbeitsplätze gibt es bereits eine gesetzliche Regelung. Im Wohnbereich, bei Schulen und Kindergärten ist man noch auf Empfehlungen angewiesen.
Basis einer jeden Beurteilung der Radonsituation in einem Gebäude ist die Messung der Radon-Aktivitätskonzentration. Die PTB stellt mit ihrer Messtechnik sicher, dass die Ergebnisse von Radonmessungen in Deutschland zuverlässig sind.

Aus den im Boden befindlichen Radionukliden 238U, 235U und 232Th entstehen im Verlauf der natürlichen Zerfallsreihen über - und -Zerfälle lauter Schwermetalle - mit Ausnahme des Edelgases Radon. Dieses diffundiert aus Böden oder Baustoffen heraus, verteilt sich in der Luft und ist mehr oder weniger konzentriert überall vorhanden. Daher wird es auch vom Menschen ein- und ausgeatmet.

Radon selber ist ebenfalls radioaktiv. Im allgemeinen wird das Isotop 222Rn betrachtet, das mit einer Halbwertszeit von 3,82 Tagen unter Aussendung eines -Teilchens in 218Po zerfällt. Die weiteren Radon-Folgeprodukte bis hin zum 210Pb bilden sich innerhalb einiger Minuten bis Stunden. Bei diesen Radon-Folgeprodukten handelt es sich auch um Schwermetalle. Sie sind im allgemeinen elektrisch geladen und lagern sich deshalb an die immer in der Luft befindlichen Staubteilchen (Aerosole) an. Die Aerosole, und somit auch die hierauf adsorbierten Radon-Folgeprodukte, werden ebenfalls vom Menschen eingeatmet. Etwa 20% der inhalierten Aerosole verbleiben im Mittel in der Lunge. Der Zerfall der in der Lunge deponierten kurzlebigen Radon-Folgeprodukte kann zu einer Schädigung des Lungengewebes führen.

Die daraus resultierende Äquivalentdosis ist bezogen auf die einzelnen Lungenbereiche unterschiedlich hoch. Sie liegt zum Beispiel im mittleren Teil des Bronchialbaumes (ca. 15 mSv bis 20 mSv) etwa um einen Faktor 10 höher als im inneren Lungenbereich (ca. 2 mSv bis 3 mSv). Vorliegende epidemiologische Abschätzungen gehen davon aus, dass 7% der Lungenkrebserkrankungen auf diese Strahlenexposition zurückzuführen sind.

Inzwischen werden weltweit umfangreiche Studien über die unterschiedlichen Radon-Aktivitätskonzentrationen in Gebäuden durchgeführt. Es zeigt sich, dass die gemessenen Radon-Aktivitätskonzentrationen nicht nur vom Bodengestein, sondern auch von Baustoffen, Bindemitteln, der Dichtigkeit des Fundamentes, der Belüftung der Räume sowie von der Jahres- und Tageszeit abhängen. Bei der Bestimmung der Konzentration der Radon-Folgeprodukte geht darüber hinaus die Aerosolkonzentration entschieden ein. Die Güte der Messung hängt direkt von der Kalibrierung der verwendeten Radon-Dosimeter bei den auftretenden Umweltparametern (Temperatur, Luftfeuchte, Luftdruck und Aerosolkonzentration) ab.

Die PTB betreibt nach neuestem Stand von Forschung und Technik eine Radonnormal-Kammer, in der Radon und seine Folgeprodukte zum erstenmal unter allen Umweltbedingungen zur Verfügung gestellt werden. Damit können alle aktiven und passiven Radon- und Radon-Folgeproduktmessgeräte bei realistischen Klimaverhältnissen kalibriert werden. Eigenentwicklungen von Messgeräten sind als Radon-Transfernormal einsetzbar.
(jes)



Kontaktinformationen

Name: Dr. Annette Röttger, Anja Honig
Institution: Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Arbeitsgruppe "Umweltradioaktivität"
Adresse: Bundesallee 100
38116 Braunschweig
Telefon: 0531/592-6100
WWW: http://www.ptb.de
E-Mail:
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