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Und täglich grüßt die Wissenschaft
08.08.2007

Auf zwei Füßen steht sich's besser

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Diabetikern wurde im Jahr 2004 ein Fuß amputiert. 1990 waren es noch 549 Betroffene.

Glosse

Die Maya zogen sich Dornen durch die Zunge, um ihre Götter zu beeindrucken. Ein Indianer kennt keinen Schmerz. Aber wenn es ums Behandeln von Wunden ging, wurde er kreativ: Die Maya setzten Fliegenmaden ein, die das abgestorbene Gewebe verspeisen und die in der Wunde wimmelnden Bakterien gleich mit verdauen. Im vorigen Jahrhundert betrachtete man solche Methoden mit mildem Lächeln, hatte aber auch nicht immer bessere Ideen. So wies Christoph Trautner, Mediziner im Fachbereich Gesundheitswesen an der FH Braunschweig/Wolfenbüttel, nach, dass in den neunziger Jahren in Leverkusen nicht weniger Füße von Diabetikern amputiert wurden als in den Jahrzehnten zuvor. Die Leverkusener nahmen sich diese Schlappe zu Herzen. Hausärzte und Pflegepersonal wurden geschult, die Füße von Diabetikern nach Wunden abzusuchen. Chirurgen lernten, dass man auch anderes tun kann als gleich zur Säge zu greifen. Und die alte Madentherapie kam wieder zu Ehren. In seiner Nachfolge-Studie, die demnächst publiziert wird, kann Trautner melden, dass sich in den letzten 15 Jahren die Amputationsrate um rechnerisch geschätzte 37 Prozent verringert hat. Dank einer neuen Fußambulanz, zweier diabetologischer Schwerpunktpraxen - und ein bisschen auch dank der Fliege Lucilia sericata und ihrer Maden. (abe)



Fakten

Monsieur Poissons Schwäche fürs Ungewöhnliche

Carl Friedrich Gauß machte mit seiner Normalverteilung anschaulich, dass sich die durchschnittliche Ausprägung eines Merkmals am häufigsten findet, während Extreme ungewöhnlich sind. Sein französischer Kollege Siméon-Denis Poisson kümmerte sich dagegen um die seltenen Fälle. Die Poissonsche Verteilung ist ideal, um Trends aufzuzeigen. Um zu ermitteln, wie sich die Rate der Fußamputationen bei Diabetikern in den letzten fünfzehn Jahren entwickelt hat, bedarf es einer ganzen Reihe statistischer Operationen auf der Grundlage des Poisson-Modells. Die absolute Zahl der Amputationen wird in Beziehung gesetzt zur schwankenden Bevölkerungszahl und dem gestiegenen Durchschnittsalter. Außerdem muss noch einbezogen werden, wie häufig Diabetes in der jeweiligen Altersgruppe auftritt. Da in der DDR alle Diabetiker registriert wurden, kann man diese Daten dafür als Grundlage nehmen. Christoph Trautner, Mediziner am Fachbereich Gesundheitswesen der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, hat auf diese Weise herausgefunden, dass sich in den letzten 15 Jahren die Amputationsrate in der Beispielstadt Leverkusen um geschätzte 37 Prozent verringert hat. Ein positives Ergebnis, zumal die Vorgängerstudie von 2001 ergeben hat, dass sich in den neunziger Jahren so gut wie nichts verändert hatte.
Beim Diabetischen Fußsyndrom, oft eine Folge der Alterszuckerkrankheit, können sich kleine Verletzungen zu Hautgeschwüren auswachsen und schließlich eine Blutvergiftung verursachen. Dann wird die Amputation von Fuß oder Bein als letzter Ausweg gesehen. Durch eine verbesserte Kooperation von Haus- und Fachärzten und Pflegepersonal kann aber in vielen Fällen das Schlimmste verhindert werden, wie das Leverkusener Beispiel zeigt. Mit der richtigen Behandlung durch Antibiotika und Wundverbände lässt sich die Entzündung eindämmen. Oft hilft auch das Auflegen von Maden, die die Wunde reinigen und das Wachstum von neuem Gewebe fördern. (abe)



Kontaktinformationen

Name: Prof. Dr. Christoph Trautner
Institution: Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, Fachbereich Gesundheitswesen
Adresse: Wielandstraße 1-5 38440 Wolfsburg
Fax: 030/484981109
WWW: http://www.fh-wolfenbuettel.de
E-Mail:
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