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Und täglich grüßt die Wissenschaft
18.08.2007

Pleitegeier über dem Sportplatz

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25 Sportvereine
gehen jedes Jahr pleite. Was dagegen hilft: Marktorientierung statt Kampfgeist.

Glosse

Ein britischer Hundefutter-Hersteller hat es verstanden: "Das Futter muss dem Hund schmecken, nicht dem Hundehalter." Während es in Frauchens Nase verdächtig müffelt, leckt sich der Vierbeiner die Schnauze in Vorfreude. Die Hundeköche haben dabei nur ein uraltes Marketing-Prinzip ausgegraben. Was nützt es dem Vorsitzenden des Sportvereins, die Pokale zu polieren und von Turniersiegen zu träumen, wenn sich die Leute im Stadtteil nicht für Fußball interessieren? Wenn sich die Senioren bloß noch zum Sitztanz in der Lage sehen, die jungen Leute lieber ihren Waschbrettbauch trimmen und einsame Städter sich nach geselligen Spieleabenden und Tanzkursen sehnen? Dann wird es für Sportvereine Zeit, ein marktorientiertes Angebot auf die Beine zu stellen. Rund 25 Sportvereine müssen jedes Jahr Insolvenz anmelden, weiß Ronald Wadsack vom Studiengang Sportmanagement der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel. Oft haben Vorstände jahrelang nur die Erfolge ihrer Mannschaft gesehen und nicht die Kosten der maroden Sportanlagen und die sinkenden Mitgliederzahlen. Der Sportmanagement-Professor Wadsack empfiehlt, sich von Sportarten zu trennen, die nur Löcher in die Kasse fressen. Im Ernstfall muss man über eine Spielgemeinschaft mit dem Erzrivalen aus dem Nachbarort (oder manchmal einfach von der anderen Seite des Sportplatz-Zaunes) nachdenken. Und das Altern der Gesellschaft nicht vergessen. Beim Hundefutter ist es nicht anders: Da hat der Senior auch andere Vorlieben als in seiner Welpenzeit. (abe)



Fakten

Gefährlicher Siegesrausch

Eishockey ist eine teure Sportart: 50 bis 60 Euro kostet eine Trainingsstunde auf dem Eis. Das Eishockey in Salzgitter hat bereits die vierte Vereins-Pleite erlebt. Auch wenn mittlerweile eine Stabilisierung erreicht zu sein scheint: Für den Sportmanager Ronald Wadsack von der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel war das Anlass, das Thema "Insolvenzen von Sportvereinen" in den Blick zu nehmen. Rund 25 Vereine müssen in Deutschland jedes Jahr Insolvenz anmelden - und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Fusionen, Vereinsauflösungen und radikale Verkäufe von Vereinsgrundstücken als letzte Rettung tauchen in dieser Statistik nicht auf. Bei vielen Pleiten hat Wadsack festgestellt, dass die ehrenamtlichen Vorstände aus Liebe zum Sport jahrelang die finanziellen Probleme ausgeblendet haben. Was zählte, war der Erfolg der Mannschaft, vor den sinkenden Einnahmen und den Kosten zum Erhalt der Sportanlagen wurden die Augen geschlossen. So mancher Vorsitzende überschritt da schon mal die Grenzen der Legalität und behielt etwa Sozialabgaben zurück. Sei es aus Solidarität oder unter dem Druck der Vereinskollegen - die Mitglieder entlasteten den Vorstand, auch wenn sie wussten, dass etwas nicht stimmen konnte.
Um die Pleite zu verhindern, empfiehlt Wadsack, frühzeitig strategisch zu planen und mit einem marktorientierten Angebot neue Mitglieder zu gewinnen. Gerade Vereine, die auf Mannschaftssport und Wettbewerb ausgerichtet sind, müssen umdenken. Eine Befragung des Studiengangs Sportmanagement in Salzgitter ergab, dass sich die Bürger stattdessen sozial-kommunikative Angebote wie Spieleabende und Tanzkurse wünschen. Mit dem demografischen Wandel muss sich auch das Vereinsangebot ändern. Die Menschen in der Umgebung interessiert dann vielleicht eher die "Gymnastik ab 50" als das Handballtraining. Auf der anderen Seite müssen die Vereine den jungen Sportbegeisterten eine überzeugende Alternative zum Fitnessstudio anbieten. Auch wenn es weh tut: So mancher Verein muss sich "gesundschrumpfen" und die eigene Mannschaft zu Gunsten einer Spielgemeinschaft mit anderen Clubs aufgeben, meint Wadsack. (abe)



Kontaktinformationen

Name: Prof. Dr. Ronald Wadsack
Institution: Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, Karl-Scharfenberg-Fakultät Salzgitter
Adresse: Karl-Scharfenberg-Str. 55-57 38229 Salzgitter
Telefon: 05341/875-616
Fax: 05341/875-602
WWW: http://www.fh-wolfenbuettel.de
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