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Und täglich grüßt die Wissenschaft
22.09.2007

"Krumme Dinger"

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Die Oberfläche einer Müslischale
reicht heute für einen Beweis aus, für den die alten Griechen noch den gesamten Horizont gebraucht haben: Die Experten für optische Formmessung der PTB sind in der Lage, Krümmungen von Flächen mit einer Genauigkeit von unter einem Nanometer anzugeben - und damit die Erdkrümmung selbst auf ebendiesem Frühstücksgeschirr sichtbar zu machen.

Glosse

Ist Ihnen schon aufgefallen, dass die Form von Bohnenkernen an menschliche Embryos erinnert? Der griechische Mathematiker und Philosoph Pythagoras kam zu dem Schluss, dass sich in Bohnen wiedergeborene menschliche Seelen befinden. Wer Bohnen isst, der mordet. Und so erklärt sich auch der "unangenehme Nebeneffekt" beim Verzehr der Hülsenfrüchte - schließlich müssen die verspeisten Seelen auch wieder raus aus dem Körper. Zum Glück sinnierte der antike Denker aber auch über sinnvollere Themen. Zum Beispiel über die Form der Erde. Denn ihm wird zugeschrieben, um 530 v. Chr. zusammen mit seinen Schülern als erster die Erdkrümmung bemerkt und daraus auf die Kugelgestalt der Erde geschlossen zu haben. Heute benötigt die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig für den Nachweis der Erdkrümmung nur noch die Oberfläche einer mit Flüssigkeit gefüllten Müslischale. Die dortigen Experten für optischen Formmessung ermitteln die Ebenheit und Geradheit von glatten Flächen mit Hilfe der "Extended Shear Angle Difference"-Methode (ESAD), bei der die Winkeldifferenz für die Bestimmung eines möglichst präzisen Normalwertes ausgenutzt wird. So genannte Interferometer tasten die Oberflächen ultrapräzise optisch ab und erfassen im Vergleich mit dem Normal Unebenheiten von unter einem Nanometer, also einem millionstel Millimeter - soviel wie drei Goldatome! So wird nicht nur jede kleinste Erhebung, sondern auch die Krümmung von Objekten sichtbar - und es ist tatsächlich möglich, auf der Oberfläche einer mit Flüssigkeit gefüllten Müslischale die Erdkrümmung zu erkennen. Es hat sich also einiges getan seit Pythagoras. Es lohnt sich aber allemal, auch den alten Griechen einmal neu zu entdecken, den man sonst nur aus dem Mathematik-Unterricht kennt - vielleicht bei einer leckeren Schüssel Bohnensalat. (she)



Fakten

"Gerade" würde es mir passen.

Nicht nur ist Quecksilber das einzige Metall, das unter Normalbedingungen flüssig ist, es hat auch noch eine sehr große Oberflächenspannung. Lange Zeit wurde es zur Heilung diverser Krankheiten verwendet - und seine Oberfläche galt als perfekt glatt. Mit modernen Messmethoden kann man nun selbst auf dem Quecksilber kleine Unebenheiten feststellen. Die Experten für optische Formmessung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) messen Flächen mit Genauigkeiten im Subnanometerbereich. Während man in der Mikroskopie strukturierte Oberflächen wie beispielsweise siliziumbasierte Computerchips erfasst, vermisst die optische Formmessung glatte, möglichst ebene und nicht-strukturierte Oberflächen von bis zu einem Meter. Dabei können die Wissenschaftler Planflächen genauso wie Kugeln und sogar asphärische Körper bestimmen. Eine extrem genaue Methode ist die "Extended Shear Angle Difference"-Methode (ESAD), wo die stets gleich bleibende Winkeldifferenz für eine möglichst hohe Genauigkeit sorgt, selbst wenn sich die Position des gemessenen Objektes verändert. Das Verfahren nutzt die geradlinige Ausbreitung von Licht als natürliche und hochgenaue Referenz. So wird ein ultrapräzises Primärnormal für Geradheit und Ebenheit realisiert. Mit diesem können Interferometer, spezielle Instrumente für Präzisionsmessungen, kalibriert werden. Solche Messgeräte machen es dann möglich, Oberflächen exakt abzutasten und minimale Krümmungen sichtbar zu machen; bei so genannten asphärischen Körpern, von Linsen bis hin zu Brillengläsern, berechnet man die Struktur der Oberfläche aus mehreren Einzelaufnahmen, um eine extrem hohe Messgenauigkeit zu erzielen. (she)



Kontaktinformationen

Name: Dr. Michael Schulz
Institution: Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Arbeitsgruppe 4.21 (Front- und Wellenmetrologie)
Adresse: Bundesallee 100
38116 Braunschweig
Telefon: 0531/592-4210
Fax: 0531/592-4218
WWW: http://www.ptb.de/
E-Mail:
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