direkt zum Inhalt zur Hauptnavigation zur Bereichsnavigation
Und täglich grüßt die Wissenschaft
08.11.2007

Die Ehefrau verstoßen? Nur mit amtlicher Bescheinigung

Diese Seite empfehlen Empfehlen
Diese Seite ausdrucken Drucken
RSS Feed RSS Feed

Die Morgengabe
- ist kein verstaubter Brauch aus Tausendundeiner Nacht. Wer einen Muslim heiratet, sollte eine großzügige Gabe an die Braut vereinbaren, rät Ansgar Marx, Jurist an der FH Braunschweig/Wolfenbüttel.

Glosse

Martina hat einen Laserdrucker bekommen. Tanja beglückt ihren Angetrauten mit einem Miet-Ferrari. "Waaas, man muss seinen Ehepartner nach der Hochzeitsnacht beschenken?", fragt Solaire entgeistert. Tja, rät Tanja weise, lieber gleich nach dem Heiratsantrag ins Internet und sich informieren, was auf eine Braut zukommt. Am Besten in einem der Bräute-Diskussionsforen, wo sich auch Martina, Tanja und Solaire über den modernen Brauch einer "Morgengabe" die Köpfe heiß reden.
Luxusprobleme, würde eine muslimische Ehefrau da wohl sagen. In Ländern, deren Familienrecht sich an der islamischen Rechtsordnung Scharia orientiert, ist die Morgengabe des Bräutigams die einzige finanzielle Absicherung der Frau, wenn es zur Scheidung kommt. Ansgar Marx, Jurist an der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, hat das Familienrecht islamischer Länder verglichen und festgestellt: Nur in wenigen Gesetzbüchern, etwa der marokkanischen Moudawana, ist die Moderne wirklich angekommen. Die Verstoßung der Frau erfordert in Ägypten heute eine amtliche Bescheinigung. Und die Gattin, die ihren Mann wegen seiner Zweitfrau verlassen will, muss dort nachweisen, dass ihr ernsthafter Schaden durch die Konkurrentin entsteht. Ein bescheidener Fortschritt. Marx` Tipp für Frauen, die einen Muslim mit ausländischem Pass heiraten: Der islamischen Tradition folgen und einen Ehevertrag abschließen, der Dinge wie die Morgengabe regelt. Und sich dabei nicht mit einem Candlelight-Dinner oder einer Espressomaschine begnügen! (abe)



Fakten

Nie ohne zwei männliche Zeugen

"Jede zehnte Eheschließung in Deutschland betrifft einen oder zwei ausländische Staatsangehörige", sagt Ansgar Marx, Jurist an der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel. Höchste Zeit, sich mit dem Familienrecht anderer Kulturkreise zu beschäftigen. Marx hat die Gesetzbücher islamisch geprägter Länder verglichen. Die meisten orientieren sich an der Scharia, der traditionellen islamischen Rechtsordnung. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Parlamente hier bemüht, Modernisierungen einzuführen und die Benachteiligung von Frauen abzumildern. Diese neuen Bestimmungen stehen jedoch weiterhin auf dem Boden der Scharia. Am weitesten geht die Reform der Moudawana in Marokka, die 2003 Männern und Frauen gleiche Rechte und Pflichten in der Familie einräumte. Die Scheidung durch Verstoßen der Frau ist abgeschafft, Polygamie stark eingeschränkt.
Ein Ehevertrag ist in der islamischen Welt ein gängiges Mittel, um die Frau angesichts ihrer schwachen rechtlichen und finanziellen Position abzusichern. Auch Europäerinnen, die einen Mann aus einem islamischen Land heiraten, rät Marx zu einem solchen Vertrag. Damit er in der Heimat des Mannes anerkannt wird, darf er nicht im Widerspruch zum islamischen Recht stehen. Der Vertrag sollte vor einem Notar und zwei männlichen muslimischen Zeugen geschlossen werden. Darin wird die Morgengabe geregelt, die der Frau entweder bei der Eheschließung oder erst im Scheidungsfall zusteht. Nach der islamischem Recht stellt sie meist ihre einzige finanzielle Absicherung dar. Auch die Rechte der Frau in der Ehe können hier festgeschrieben werden, nicht jedoch das Sorgerecht für die Kinder. Die Scharia unterscheidet nämlich zwischen der Personensorge, die die Mutter lediglich während der frühen Kindheit ausübt, und der gesetzlichen Vertretung, die dem Vater zusteht. "Gegen diese Aufteilung mit dem westlichen Konzept des Sorgerechtes zu argumentieren, ist leider nahezu aussichtslos", weiß Marx. (abe)



Kontaktinformationen

Name: Prof. Dr. jur. Ansgar Marx
Institution: Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, Fachbereich Sozialwesen
Adresse: Ludwig-Winter-Straße 2
38120 Braunschweig
Telefon: 0531/2852-0
Fax: 0531/2852-100
WWW: http://www.irs-bs.de/marx.htm
E-Mail:
© Stadt Braunschweig | Impressum