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Und täglich grüßt die Wissenschaft
28.11.2007

Inspiration aus dem Spülwasser

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Geschlechtergerechte Didaktik
- mixt männliche und weibliche Arbeitsstile: mal Wettbewerb, mal Teamwork. Gleichstellungsbeauftragte Renate Gehrke will das auch in den technischen Studiengängen der FH Braunschweig/Wolfenbüttel zur Regel machen.

Glosse

"Abwaschen ist Meditation", war das Credo meines Mitbewohners aus der Studienzeit. Das half allerdings wenig: Die Küche unserer Wohngemeinschaft sah ziemlich oft aus wie ein Schlachtfeld. Über den Zustand der Küche im Hause Pockels ist nichts bekannt. Agnes Pockels jedenfalls hat beim Abwaschen nicht meditiert, sondern über die Oberflächenspannung des Spülwassers nachgedacht - und schnell mal eine Messapparatur dafür erfunden. Typisch Frau? Irgendwie schon. "Frauen in der Technik denken alltagsnäher", bestätigt Renate Gehrke, Gleichstellungsbeauftrage an der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel. Sie wollen wissen: Wo kann ich das anwenden? Welche Auswirkungen hat das auf Umwelt und Menschen? Frauen lernen lieber in Gruppen, unterstützen und inspirieren sich gegenseitig. Männer dagegen wollen persönliche Erfolgserlebnisse. Sie stürzen sich gleich in Experimente, während Frauen lieber erstmal darüber reden. Bisher gaben Männer in der Technik den Ton an, und natürlich wurde Wissen so vermittelt, wie Männer am besten lernen. Gehrke hat jetzt eine Liste von Ideen erarbeitet, wie beide Geschlechter im Studium zu ihrem Recht kommen können. Das nützt auch den Männern, meint sie: Wenn sie mehr über Frauen als Technikerinnen, Anwenderinnen und Ahninnen der Wissenschaftsgeschichte wissen, können sie später als Führungskräfte Mitarbeitern wie Mitarbeiterinnen gerecht werden. Und das heißt mehr als: Auch mal die Kaffeetassen spülen. (abe)



Fakten

Bitte keinen Nachhilfe-Unterricht für Frauen

Diskriminierung in der Männerwelt? Aufholen, was die Jungs schon in die Wiege gelegt bekamen? Da winken die Studentinnen technischer Fächer an der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel nur ab. "Wir brauchen keinen Nachhilfe-Unterricht", antworten sie der Gleichstellungsbeauftragten Renate Gehrke stolz. Zeigt die Diplompädagogin ihnen allerdings positive Perspektiven auf, bietet Coaching und Seminare für den Berufseinstieg an, dann kommen sie gerne - und erzählen doch schon mal von Machosprüchen oder unerwünschter Sonder-Behandlung, die sie im Praktikum erlebt haben.
In den letzten Jahren hat sich der Frauenanteil in den technischen Fachbereichen zwischen 10 und 12 Prozent eingependelt - trotz Hochschultag und Schnupperangeboten für Oberstufen-Schülerinnen. "Wenn wir die Mädchen in der elften Klasse ansprechen, ist es eigentlich schon zu spät", sagt Gehrke. Da haben die meisten schon zu viele Unterrichtsjahre in einer maskulin geprägten Lernkultur verbracht, um sich noch für ein technisches Fach begeistern zu können: Ohne Vorbilder von erfolgreichen Naturwissenschaftlerinnen, geprägt von Konkurrenz und Hierarchien - was Männer anspornt und Frauen nervt.
Die "Handreichung zur Integration von Geschlechteraspekten in den Studiengängen", die Gehrke jetzt ausgearbeitet hat, soll nicht gleich die Studentinnenzahlen in die Höhe treiben. Vielmehr geht es darum, die Sichtweisen und Interessen von Frauen ins Studium einzubeziehen: Den Beitrag von Frauen zur Technik zu würdigen, über die Bedürfnisse weiblicher Anwenderinnen von Produkten nachzudenken und eine Lernkultur zu schaffen, in der sich Frauen wie Männer wohlfühlen. Dabei sollten beide Geschlechter ihre Stärken einbringen: Männer ihre Ambitionen, sich in der Gruppe hervorzutun, ihr selbstsicheres Auftreten und unbefangenes Lernen durch Ausprobieren, Frauen ihre Talente in Kommunikation, Teamwork und theoretischer Reflexion. Eine geschlechtergerechte Didaktik mixt daher weibliche und männliche Arbeitsstile: Sie bietet mal Einzel- und mal Gruppenarbeit an, fordert mal Wettbewerb und mal Kooperation. "So könnten Hochschulen als Lernorte für beide Geschlechter noch attraktiver werden und für dieses Thema sensibilisieren", sagt Gehrke. (abe)



Kontaktinformationen

Name: Dipl.-Päd. Renate Gehrke (Gleichstellungsbeauftragte)
Institution: Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel
Adresse: Salzdahlumer Str. 46/48 38302 Wolfenbüttel
Telefon: 05331/939-1600
Fax: 05331/939-1602
WWW: http://www.fh-wolfenbuettel.de/bfg
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