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Prof. Dr. Jochen Luckhardt
Leitender Direktor des Herzog Anton Ulrich-Museums
Das Herzog Anton Ulrich-Museum (HAUM) besitzt mit seinen etwa 170.000 Kunstwerken, von Werken ägyptischer Kunst bis heute, eine der bedeutendsten Kunstsammlungen in Deutschland und ist begehrter Leihgeber für Kunstausstellungen in aller Welt. Damit ist das Museum auch stets Kunst-Botschafter der Stadt Braunschweig.
Giorgione (um 1478-1510)
Selbstbildnis; Leinwand, 52 x 43 cm; Inventar-Nr. 454
Der ernste und selbstkritische Blick des jungen Mannes hat bereits so manchen Betrachter in seinen Bann gezogen. Das Bildnis ist jedoch nicht in seinem ursprünglichen Zustand erhalten. Bereits vor seinem Ankauf für die Gemäldesammlung der Braunschweiger Herzöge wurde es seitlich und unten beschnitten. Aus einer Beschreibung des italienischen Kunstschriftstellers Vasari sowie durch einen Stich des 17. Jahrhunderts wissen wir jedoch, daß Giorgione sich hier als Sieger über den Riesen Goliath dargestellt hatte, dessen abgeschlagener Kopf auf einer Brüstung lag. Es handelte sich also um ein allegorisches Selbstporträt.
Der biblische Held David hatte, nur mit einer Steinschleuder ausgerüstet, den schwerbewaffneten Goliath mit Mut und Geschicklichkeit bezwungen.
Deshalb wurde David auch als Sinnbild des über die rohe Gewalt siegenden Verstandes gesehen.
Die Gleichsetzung des Künstlers mit diesem Helden bezeugt das hohe Selbstbewußtsein Giorgiones. Gleichzeitig stellt er damit den Anspruch, dass auch die Malerei, die Verstand und Bildung voraussetzt, zu den Künsten gehört und nicht zum Handwerk.
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