Gijs van Tuyl
Direktor des Kunstmuseums Wolfsburg

Gijs van Tuyl
Das Kunstmuseum Wolfsburg wurde als ein lebendiges Zentrum für die Vermittlung und Präsentation moderner und zeitgenössischer Kunst geplant und realisiert. Seiner Konzeption folgend ist das Kunstmuseum mit seiner Bipolarität von Ausstellungen und Sammlung eine weltoffene Schaubühne mit einem kontrastreichen Programm voller Rotationen und Kadenzen.

Initiiert von Dr. Carl Horst Hahn, dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Volkswagen AG, erbaut von Professor Peter Schweger aus Hamburg und eröffnet im Mai 1994 präsentiert das Kunstmuseum Wolfsburg unter seinem Direktor Gijs van Tuyl eine breite Palette von Ausstellungen international etablierter Künstler. Es ist kein sakraler, hermetisch abgeschlossener Musentempel, sondern ein Ort der Auseinandersetzung mit Innovationen, Träumen, Pluralität der Kulturen und gesellschaftlichen Sinnfragen.


Bundestag, 1998
Andreas Gursky, geb. 1955 in Leipzig, lebt in Düsseldorf

Das monumentale Hochformat vom Bonner Plenarsaal des Bundestages der Bundesrepublik Deutschland, das Gursky präsentiert, unterscheidet sich in wesentlichen Aspekten von seinen früheren Bildern, auf denen sich Menschen versammelt haben.

Bundestag ist die erste Arbeit Gurskys, in der er eine durch politische Strukturen bedingte Situation zum Ausgangspunkt einer Bildfindung wählt. Das Bild zeigt von einem erhöhten Standort, der sich außerhalb des Saales befindet, die gewählten Vertreter des deutschen Volkes beim Tagesgeschäft in einem der beiden höchsten gesetzgebenden Gremien, die die Verfassung vorsieht, an dem Ort, an dem täglich Entscheidungen gefällt werden, die Millionen von Menschen betreffen.

Bundestag, 1998; Color Print
Bundestag, 1998; Color Print
(Sammlung Kunstmuseum Wolfsburg)
Auch wenn der Tag, an dem es Gursky gestattet war, drei Aufnahmen des Plenarsaales zu machen, kein Tag von besonderer geschichtlicher Bedeutung für dieses Haus gewesen sein muss, so handelt es sich hier dennoch um ein Historienbild von exemplarischer Bedeutung.

Gursky hat sich hier eine besonders diffizile Aufgabe gestellt, zumal eine parlamentarische Demokratie strukturbedingt kaum für ein Tafelbild geeignet erscheint (vgl. Rainer Stamm: Bundestag 1998. Andreas Gurskys Historienbild der Bonner Republik, in: Neue Bildende Kunst ½, 1999, S. 36 f.)