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2004-08-25 | Braunschweig präsentiert drei Beiträge zum Wettbewerb Soziale Stadt
Es tut sich was im Westlichen Ringgebiet. Gleich drei Beiträge haben die Akteure im Sanierungsgebiet „Soziale Stadt“ in diesem Jahr für den bundesweit ausgeschriebenen Wettbewerb „Preis Soziale Stadt 2004“ angemeldet. Zum dritten Mal nach 2000 und 2002 wird dieser Preis von einem Zusammenschluss mehrerer Verbände der Wohnungswirtschaft, dem Deutschen Städtetag, der Arbeiterwohlfahrt und der Schader-Stiftung ausgelobt. Im Mittelpunkt der eingereichten Projekte sollen Erfolge bei der Stärkung des Zusammenhalts der Gemeinwesen in den Stadtteilen und Nachbarschaften stehen. Die Veranstalter zeichnen Projekte aus, die nicht von städtebaulichen Missständen ausgehen, sondern von den Aktivitäten und dem Engagement der Menschen, die sich an der Aufgabe der Stadtentwicklung beteiligen.
Projekt I „Bewegung am Ringgleis“
Mit der Planung, das ehemalige Industriegleis im Sanierungsgebiet zusammenhängend als Rad- und Fußwegverbindung auszubauen und den Einwohnern zugänglich zu machen, wurde bereits bundesweites Aufsehen erregt. Der Erhalt der Wegstrecke als öffentliche Wegeverbindung anstelle einer Zerstückelung und Privatisierung war schon vor Jahren vom braunschweiger forum, Verein zur Förderung bürgernaher Stadtplanung e.V., vorgeschlagen und mit vielen Aktionen der Bevölkerung nahe gebracht worden. Gemeinsam mit der Stadt Braunschweig, Abteilung Stadtplanung und Fachbereich Stadtgrün, sowie dem Quartiersmanagement plankontor reicht nun das braunschweiger forum die Ringgleisplanung als Wettbewerbsbeitrag ein.
Das Forum und die Stadt heben darin insbesondere das Verfahren bei der Planung hervor. Nach mehreren öffentlichen Veranstaltungen wurde eine Arbeitsgruppe aus Bürgerinnen und Bürgern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung ins Leben gerufen, die sich Schritt für Schritt der Planung annehmen. Diese Beteiligung ist teilweise so konkret und detailliert, dass beispielsweise die Frage der zukünftigen Beleuchtung mit einer Demonstration verschiedener Leuchtkörper vor Ort entschieden wurde. Die Arbeitsgruppe wird gemeinsam vom Fachbereich Stadtgrün und dem Quartiersmanagement moderiert. Hier bauen Bürgerinnen und Bürger ihr Ringgleis selbst - wenn auch im übertragenen Sinne und nicht mit Hacke und Schaufel. Dass das Ringgleis nicht nur eine sehr sinnvolle, weil verkehrsichere und schön gelegene Strecke für Fußgänger, Radfahrer und Skater werden wird, sondern auch Ort von Kultur, Begegnung und Erinnerung an die industrielle Vergangenheit Braunschweigs, zeigen die ersten Veranstaltungen der Jahre 2003 und 2004, bei denen die Anwohnerinnen und Anwohner sich das Ringgleis zu eigen machten: der große Flohmarkt 2003, dessen Dimensionen die räumlichen Möglichkeiten des Gleises fast sprengten, das gemeinsam mit dem Förderverein Nordwestliches Ringgebiet/Eichtal im jetzigen Sommer durchgeführte Konzert „Rock am Ringgleis“ nördlich des Eichtals mit einer Besucherzahl, die die Erwartungen weit übertraf, und der ebenfalls dort angesiedelte zweite Flohmarkt im August 2004.
Projekt II „Ladies on Tour“
Von ganz anderer Art ist der Beitrag, den das Quartiersmanagement gemeinsam mit dem Büro für Migrationsfragen des Sozialreferats der Stadt Braunschweig eingereicht hat. Während sich hinter dem Ringgleis ein lange geplantes Projekt mit einem umfangreichen Investitionsvolumen verbirgt, entstand das folgende Projekt namens „Ladies on tour“ fast zum Nulltarif. Auf einer Veranstaltung zum Thema Gesundheit im Stadtteil im April 2003 wurden von Bewohnerinnen (Migrantinnen) des Westlichen Ringgebietes mangelnde Kontaktmöglichkeiten angesprochen. Zusätzlich kristallisierte sich heraus, dass die Migrantinnen nicht Fahrrad fahren konnten und daran interessiert waren, es zu lernen. Die Lernkurse werden seit Sommer 2003 im Quartier angeboten und sind seitdem von den Frauen gut besucht. Eine fachliche Beratung erfolgt durch die Verkehrswacht und den Verkehrssicherheitsberater der Polizei. Seit November 2003 treffen sich die Frauen unterschiedlichster Nationalitäten im Stadtteilbüro Westliches Ringgebiet und planen Aktionen. Über diese Treffen hinaus ist es gelungen, die Frauen für ihren Stadtteil zu interessieren: Im Januar und März 2004 wurde die Planwerkstatt „women view“ vorbereitet. In dieser Werkstatt können Ideen und Vorschläge für die soziale Stadtteilentwicklung des Westlichen Ringgebietes aus Frauensicht entwickelt werden.
Projekt III “ Treffpunkt Hugo-Luther-Straße 60 a“
Das ehemals als Gemeinde- und Pfarrhaus genutzte Gebäude wurde über einen langen Zeitraum lediglich sehr eingeschränkt genutzt. Mit Mitteln der Städtebauförderung aus dem Programm „Soziale Stadt“ konnte das Gebäude modernisiert und umgebaut werden. Zunächst richtete das Quartiersmanagement hier seine Anlaufstelle ein. Nach der Sanierung konnte endlich das Mütterzentrum aus der räumlichen Enge der Laffertstraße in die weit größeren freundlich gestalteten Räume des Quartierszentrums einziehen. Am 2. August wurde es als Mehrgenerationenhaus von der Niedersächsischen Sozialministerin Ursula von der Leyen eröffnet. Den Mittelpunkt des Hauses bildet das Café im Eingangsbereich, das von Mitarbeiterinnen des Mütterzentrums betrieben wird. Hier werden Frauen in den allgemeinen Arbeitsprozess miteinbezogen, die aufgrund von psychosozialen Problemen für den ersten Arbeitsmarkt nicht geeignet sind. Durch die gleichzeitig im Haus stattfindende Kinderbetreuung erhalten viele Alleinerziehende die Möglichkeit, wieder ins Berufsleben einzusteigen. Im offenen Cafébereich finden Menschen aus allen Generationen, aus unterschiedlichen Kulturen und Bildungsschichten ihren Platz. Angebotene Serviceleistungen des Mehrgenerationenhauses sind z. B. eine Nähstube, ein Second-Hand-Shop, Fußpflege, ein Friseur und ein kleiner Party-Service, der Familienfeiern ausrichtet. Das Quartiersmanagement betreut hier mehrere Arbeitsgruppen und Projekte im Rahmen der Sozialen Stadt. Der Saal wird nach wie vor auch von der Stadtteilkonferenz und dem Sanierungsbeirat genutzt, Räume für Arbeitsgruppen stehen zur Verfügung. Die kirchliche Arbeit soll ganz bewusst an die Arbeit im „sozialen Brennpunkt westliches Ringgebiet“ anknüpfen und einen kirchlichen und diakonischen Beitrag zur Verbesserung der Lebenssituation von Menschen leisten. Die unterschiedlichen Angebote im Haus ergänzen sich gegenseitig und tragen dazu bei, dass der Treffpunkt Hugo-Luther-Straße 60a zu einer wichtigen Anlaufstelle im Quartier wird. Das gemeinsam vom Mütterzentrum Braunschweig, den Evangelischen Kirchengemeinden im Westlichen Ringgebiet und dem Quartiersmanagement plankontor eingereichte Projekt entspricht in besonderem Maße den Anforderungen der Auslober, bei den Aktivitäten der Menschen anzusetzen und Gemeinschaft und Nachbarschaft nachhaltig zu fördern.
Im Oktober wird eine Jury über die eingereichten Projekte entscheiden, im Januar 2005 findet die Preisverleihung statt. Preisgelder gibt es nicht zu gewinnen. Neben einer Würdigung der Arbeit soll mit dem Preis erreicht werden, dass besonders herausragende Projekte im Rahmen der Sozialen Stadt bundesweit bekannt werden.
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