Im Schatten spielt das Licht. Es spielt mit einer vergesslichen Augenzeugin - der Oker. Was, so ist zu fragen, hat Licht mit einer Brücke zu tun? Licht, so ist zu beantworten, ist immer eine Brücke. Die Brücke vom Abstrahlpunkt zu dem Punkt, an dem es auftrifft. Der Entwurf für den Lichtparcours in Braunschweig an der Oker nimmt die Jasperbrücke am Staatstheater zum Anlass, mit Licht eine Brücke zu bauen.
 
"Liebe auf den ersten Blick" war ausschlaggebend bei der Wahl der Brücke. Erst danach ist die Zuneigung gewachsen. Die Auseinandersetzung mit dem "Vorleben", das Erforschen der geschichtlichen Zusammenhänge, das Erkennen der Stärken und das Aufspüren der Widersprüche, das bildete die Grundlage der Arbeit. Es zeigte sich, dass der "Brückenbogen weit gespannt ist": von Menadier, dem Erbauer der 1888er Brücke, der Musenbrücke (die Entwurfszeichnungen zeigen, dass der Architekt sich und "7 bis 9 Musen" noch einen kleinen Tempel am Brückenkopf errichten wollte), zu der Theaterbrücke und der Kaiser Wilhelm Brücke, dann der Panzersperren-Brücke bis hin zur heutigen, "abgeschminkten" Jasperalleebrücke, benannt nach dem Ministerpräsidenten Heinrich Jasper, der 1945 an den Folgen seiner Inhaftierung im KZ Bergen-Belsen starb.
 
Er wurde zum Kreis der Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 um Graf Stauffenberg und den Braunschweiger Graf von der Schulenburg gezählt. Die Brücke stammt aus einer Zeit, in der die Straßenlaterne noch >Réverbère< hieß (réverbérer, franz.: Licht zurückstrahlen). Die auf einen polierten Hohlspiegel einfallenden Lichtstrahlen wurden verstärkt zurückgeworfen.
 
Übrigens beschreitet modernste Lichttechnik diesen Weg mit großem technologischen Aufwand erneut. Mit dem Geist des Ortes hat das nur wenig zu tun. Aber vielleicht haben ja Antworten damit zu tun, die wir geben wollen auf die Frage: "Was wäre, wenn diese fest gefügte, steinerne Bogenbrücke ein Pendant, eine Lichtbrücke zum Spielen bekäme?" So sieht der Entwurf, technisch gesehen, aus: Ein blauer, etwa daumendicker Lichtleiter steigt langsam aus der Oker, windet sich hoch zum Schlussstein des Brückenbogens, durchmisst den Brückenraum in voller Länge in Doppel-Helix-ähnlichen Windungen und gleitet flussabwärts wieder ins Wasser. Getragen werden die Schwingungen von zwei "Strahlengängen" aus dünnen Stahlseilen, die jeweils die 26 Säulen des Brückengeländers mit der Wasseroberfläche, respektive mit zwei nicht weiter in Erscheinung tretenden Pontons verbinden.
 

Bemerkenswert an der Jasperalleebrücke ist der Umstand, dass die Brücke an einer Uferseite untertunnelt ist. Man kann die Brücke nicht nur überqueren, sondern auch ganz komfortabel unterqueren. Vorgeschlagen wird in diesem Zusammenhang, in dem Bogengang "ein Licht zu werfen" auf die Vergangenheit. Hat sie doch, außer mit Musen und Krieg, mit den Geistesgrößen Braunschweigs zu tun: Wilhelm Raabe, Gotthold Ephraim Lessing, Carl Friedrich Gauß, Joachim Heinrich Campe, Ricarda Huch, Richard Friedenthal und, nicht zuletzt , mit der Taufe von Till Eulenspiegel und der Erfindung des Spinnrads.

Jürgen LIT Fischer

 

 

 

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