Ein Perpetuum Mobile zu erfinden ist ein alter Traum des Menschen der Natur, der jedoch den Naturgesetzen nicht standhält. Diese Suche danach beinhaltet den Willen, einerseits das vollkommene System des Universum nachzuahmen und andererseits dem Zerstörungspotential der Zeit entgegenzuwirken. Es geht darum, die Ökonomie des Naturgesetzes par excellence wieder zu erfinden: nichts entsteht, nichts geht verloren, alles wandelt sich.
 
Egal, ob es sich um einen geschlossenen Kreislauf oder um eine einfache Pendelbewegung handelt, es geht immer um die Herausforderung, das Geheimnis der Herstellung von Bewegungen zu entdecken, die aus dem Nichts kommen. Perpetuum Mobile thematisiert die Adenauerbrücke sowie die zu beiden Seiten der Brücke befindlichen Fußwege. An diesem strategischen Ort befand sich bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges der alte Bahnhof, das Verkehrszentrum der Stadt. Durch die neu erstellte Adenauerbrücke ist die sogenannte Bankinsel entstanden, auf der ein Bankhaus die Rolle des Verkehrs als Geldverkehr weiterführt. Diese beiden Verkehrssysteme sind emotionsfrei und unterliegen nicht dem Gravitationsgesetz.
 
Die Adenauerbrücke ruht auf zwei Fußgängerunterführungen. Ich sehe beide Passagen von starkem Licht überflutet.
 
Die Intensität des Lichtes wird auf beiden Seiten der Brückenpassagen von den Fußgängern selbst beeinflusst: Wenn ein Fußgänger eine Passage betritt, wird das starke Licht abgeschwächt, der nachfolgende Fußgänger, der die schwach beleuchtete Passage beschreitet, wird den umgekehrten Vorgang auslösen, das heißt, das Licht wird wieder intensiviert. Die Beteiligung der Fußgänger steht im Mittelpunkt des Prozesses, der "in Bewegungsetzung" der Brücke.

 

Unter der Brücke wird eine Videoinstallation permanent auf das Wasser geworfen. Das Video zeigt das bewegte Bild einer sich fortwährend drehenden Münze, die dem Zuschauer eine Taumelbewegung (wie vor einem Sturz) suggeriert. Es gibt keinen Stillstand! Es ist eine Endlosbewegung eines dynamischen Kreislaufes.

 

   
Dehnung der Zeit, aber auch Wandlung des Raumes: Indem meine "Komplizen" die Nacht und das künstliche Licht benutzen, wirken sie auf die visuelle Wahrnehmung ein, welche die Brücke in einer Art "Schwebezustand" erscheinen lässt, nur von zwei Lichtstrahlen gestützt. Die Abwandlung der beiden Lichtstrahlen, welche ausschließlich von den Fußgängern bewirkt wird, löst das "Sich-In-Bewegung-Setzen" der Brücke aus. Im Gegensatz dazu steht der unendliche Tanz der Münze.

Esther Shalev-Gerz
 
Das Kunstwerk von
Esther Shalev-Gerz
entsteht mit freundlicher Unterstützung der
Braunschweiger Zeitung.
     
 

 

 

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