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Die Quadriga in der Geschichte

Von 2004 bis 2008 entstand die Quadriga des ebenfalls in diesen Jahren wieder errichteten Braunschweiger Schlosses aufs Neue. Ein großes Thema der Schlossgestaltung wurde fortgesetzt, das bis in die Zeit von Schlossbaumeister Carl Theodor Ottmer zurückreicht.

Entwurf und Entstehung der ersten Quadriga

Ottmer entwarf 1831 – 1833 die Residenz in betont plastischen, „spätklassizistischen“ Formen. Dazu gehörten auch symbolische Gottheiten, die das weise und musische Regiment der Herzöge verkörpern sollten. Als Höhepunkt über dem tempelhaften Portikus der westlichen Prachtfassade hatte Ottmer daher ein Wagengespann mit vier feurigen Pferden vorgesehen. Als Wagenlenker wurden die Musengottheit Apollon oder auch eine Siegesgöttin vorgeschlagen. Der herzogliche Sparwille führte aber zur Vereinfachung des Schlossplanes. So entstand das Schloss 1833 bis 1841 ohne Kolonnaden, ohne Bauplastik und ohne Quadriga.

Am 25. April 1856 jährte sich der Regierungsantritt von Herzog Wilhelm von Braunschweig – Lüneburg zum 25. Male. Große Ehrungen erwog die Landesversammlung, das Ständeparlament des Herzogtums, für ihren Herzog. Es wurden die Reiterstandbilder des Vaters und Großvaters des Herzogs (1874 ausgeführt) vorgeschlagen, aber auch die Quadriga zur Vervollständigung des Residenzschlosses nach Maßgabe Ottmers. Der Braunschweiger Kunsthistoriker Carl Schiller setzte schließlich die Quadriga durch und gewann als Bildhauer den Dresdener Ernst Rietschel (1804 – 1861). Dieser war in Braunschweig durch das Lessingstandbild von 1849 berühmt geworden. Am 23. Mai 1856 hatte Herzog Wilhelm das zunächst bestellte, kleine, teilweise erhaltene Tischmodell der Quadriga huldvoll angenommen. Dem Projekt der riesigen Ausformung stand nun nichts mehr im Wege.

Anfertigung der ersten Quadriga mit der „Brunonia“

Rietschel standen Carl Schiller und der bedeutende Erzgießer und Metalltreiber Georg Howaldt aus Braunschweig zur Seite. Ihr Austausch wandelte die universale Wagenlenkerin, die „Victoria“, zur Stadt- und Landesgöttin „Brunonia“ um. Des Weiteren entschied man sich zugunsten der Gewichtseinsparung und der statischen Absicherung der Riesenfiguren von bis zu 9 m Gesamthöhe für ein leichteres Kupferplattengefüge über einem Eisenskelett. Zwischen Dezember 1857 und März 1860 fertigten Rietschel, Bruno Weiske und Adolf Donndorf in Dresden die ruhig trabenden Pferde, den mit Blattranken geschmückten Streitwagen und zuletzt die athenahafte Brunonia im 1 : 3 Maßstab an. Howaldt hatte ebenso mit seinen Mitarbeitern, darunter die beiden Söhne, seit Dezember 1858 begonnen, die Gruppe in seiner Braunschweiger Werkstatt an der Hochstraße in den 1 : 1 Maßstab zu übertragen und stellte sie zum Jahresbeginn 1863 fertigt. Rietschel aber hatte die Vollendung nicht mehr erlebt.

Zerstörung der ersten Quadriga

Die erste Schlossquadriga wurde zwischen Juni und November 1863 auf einer aus Stahlträgern erbauten Plattform aufgerichtet. Leider war ihr nur eine kurze Bestandszeit vergönnt. Der das Schloss am 23. Februar 1865 zu zwei Dritteln vernichtende Brand zerstörte auch bis auf wenige Reste die Quadriga (Kopf und rechter Zeigefinger sind erhalten).

Entstehung und Verlust der zweiten Quadriga

Howaldt fertigte zwischen 1866 und November 1868 die zweite, etwas kleinere Quadriga an, da die erste leicht übermaßig ausgefallen war. Ragte die Brunonia bei der ersten Quadriga betont aus der Gruppe hervor, stand sie nun tiefer und war besser eingebettet. Die Quadriga wurde berühmt: als Braunschweigs Stadtsymbol und durch eine kleinere 1 : 2 Version, die die Braunschweiger Metallhandwerkerschaft eigens für die Weltausstellung von Chicago 1893 anfertigen ließ. Diese kleine Quadriga befindet sich noch heute in Privatbesitz in Seesen am östlichen Ortsausgang, wo sie öffentlich zu sehen ist.

Das Herzogsschloss, nach 1918 vielfältig genutzte republikanische „Residenz“, wurde im 2. Weltkrieg (1939-45) zu etwa einem guten Drittel zerstört. Intakte Außenfassaden und sogar Innenräume spiegelten den wiederaufbaren Zustand bis 1960 wider. Fast ganz unbeschadet hatte die Quadriga von 1866/68 den Krieg überstanden. Ihre Haut aus den von Georg Howaldt 1866/68 auf das Eisenskelett genieteten Kupferplatten wurde jedoch in der Notzeit nach dem Krieg eine sehr geschätzte Diebesbeute. Ihrer Platten beraubt, blieb zuletzt nur noch das bloße Eisengerippe zurück. Beim Schlossabriss wurde es leider mit vernichtet. Bei keinem der Aufbauvorhaben von Abschnitten des Schlosses in den Jahrzehnten nach 1970 wurde jedoch an eine Wiederherstellung der riesigen Quadriga von 9 m Höhe, 7,5 m Breite und 9,5 m Länge gedacht.

(Texte: Dr. B.Wedemeyer, M.A.)

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