Ein Kilogramm Atome zählen
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Wer Atome zu Hilfe nimmt, um ein Kilogramm „abzuzählen“, darf sich alle 50 Millionen Atome nur um eines vertun.
Glosse
Wir wissen nicht, was Frau Nicolaus gedacht haben mag, als sie dereinst ihrem Sohn Arnold in der Wiege das berühmte Lied vorsang: „Weißt du wieviel Sternlein ste-he-hen …“. Üblicherweise kommen bei solch frühkindlichen Vorträgen ja ganz bestimmte Berufsbilder heraus. In diesem Fall vorzugsweise Astronomen. Allerdings verlief die Geschichte dann doch anders. Vielleicht lernte der erwachsen werdende Arnold, dass die Astronomen die Sternenfrage mit „Einhundert mal eine Milliarde mal eine Milliarde“ längst beantwortet haben. Was also tun? Lässt sich etwas anderes zählen, das den mütterlichen Wegweisungen mindestens ebenso genüge tut? Und auf irgendeine Weise fiel der Gedanke auf etwas, das gar nicht fern, sondern vielmehr sehr naheliegend ist: auf Atome. Wieviel Atome, etwa der Sorte Silizium, braucht man eigentlich, bis man ein Kilogramm zusammen hat? Diese Zählaufgabe geht weit über Sterndimensionen hinaus, da die Antwort so in der Gegend von „einige zehn Millionen mal eine Milliarde mal eine Milliarde“ liegen wird. Noch ist Arnold Nicolaus, inzwischen Physiker in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, mit dem Zählen nicht fertig. Aber wenn es soweit ist, wird das alte Kilogramm ausgedient haben und Frau Nicolaus wird sich gewiss des alten Kinderliedes erinnern.. (jes)
Fakten
Noch trägt ein kleiner Metallzylinder von 39 Millimeter Höhe und 39 Millimeter Durchmesser die gesamte Verantwortung – wenn es darum geht zu sagen, was ein Kilogramm ist. Aber dies könnte sich in naher Zukunft ändern. Beim internationalen Avogadro-Projekt, das federführend in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt bearbeitet wird, geht es eben darum, eine makroskopische Masse (das Kilogramm) auf eine atomare Masse (die Masse eines Siliziumatoms) zurückzuführen. Die Frage lautet also: Wieviel Atome Silizium machen ein Kilogramm aus? Die „Zählmaschine“ hierfür ist ein nahezu perfekter Siliziumkristall in Kugelform. Für die Volumenbestimmung wird ein an der PTB entwickeltes Kugelinterferometer eingesetzt. Nach Abertausenden Messungen zeigt sich die echte Topographie „der Kugel“ – die Abweichungen von der idealen Form liegen bei nicht mehr als einigen zehn Nanometern. Perfektere Kugeln gibt es nur in der Mathematik. Derzeit wird eine neue Kugel gefertigt, die nur aus einer einzigen Siliziumsorte (Si-28) besteht. Mit ihr soll die nötige Genauigkeit erreicht werden, um das Kilogramm tatsächlich neu zu definieren. (jes)
Kontaktinformationen
Name: | Dr. Arnold Nicolaus |
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Institution: | Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), Arbeitsgruppe „Interferometrie an Maßverkörperungen“ |
Adresse: |
Bundesallee 100 38116 Braunschweig |
Telefon: | Tel.: 0531 / 592 54 10 |
WWW: | http://www.ptb.de/ |
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