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Und täglich grüßt die Wissenschaft
17.01.2007

Der Agrimensoren-Kodex

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Gromatik
So heißt die römische Feldmesskunst. Das gesamte Wissen der Landvermesser ist in einem Handbuch, dem „Agrimensoren-Kodex“, gebündelt. Das Buch aus dem 6. Jahrhundert gehört zu den Schätzen der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.

Glosse

Asterix-Fans können die Szene im Schlaf aufsagen: „Ganz Gallien ist besetzt...Ganz Gallien? Nein! Denn ein Gebiet leistet dem Eindringling tapfer Widerstand, ein kleines Dorf umgeben von befestigten Römerlagern.“ Harte Zeiten für Asterix, Obelix & Co. Das Römische Reich wächst und wächst. Nicht nur das Militär, auch römische Landvermesser sind die Männer der Stunde: Sie legen fest, wo Lager gebaut, Truppenterritorien und Heerstraßen verlaufen sollen. Flurkarten, Flurbücher und Kataster werden angelegt, Grenzstreitigkeiten gilt es aus dem Weg zu räumen. Vermessen ist eine Wissenschaft für sich. Ein Buch aus der Zeit, als das Weströmische Reich bereits weitgehend zerfallen war, bündelt das gesamte Wissen der Agrimensores, der Landvermesser. Diese spätantike Handschrift aus dem 6. Jahrhundert, der Agrimensoren-Kodex, gehört zu den Schätzen der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Es ist es eine der wenigen noch erhaltenen lateinischen Handschriften mit Illustrationen aus jener Zeit. Herzog August erwarb den Kodex 1663. Wer sich in die geografischen und juristischen Details des Handbuchs vertieft, wird sicher nicht zu dem Entschluss kommen: „Die spinnen, die Römer.“ (gef)



Fakten

Ein Handbuch für den Landvermesser

Ohne Handbuch geht meist nix. Etwa wenn es um technische Details für die Bedienung von Auto, Computer oder Digitalkamera geht. Handbücher sind gebündeltes Wissen. Der Umfang des Nachschlagewerks ist häufig so groß, dass von Handlichkeit keine Rede mehr sein kann. Dabei ist ein Handbuch keine Erfindung der Neuzeit. Handbücher gab es bereits vor mehr als tausend Jahren, zum Beispiel in der Spätantike. Was wir heute als Wissenstransfer bezeichnen würden, kannten schon die Römer. Große Teile ihres Wissens dokumentierten sie für die Nachwelt. Ihr Wissen über das Vermessen brachten sie auf Pergament: in dem Handbuch „Corpus Agrimensorum Romanorum“ für den römischen Landvermesser.

Als das Römische Reich immer größer wurde, benötigte das Militär die Unterstützung von versierten Landvermessern: Diese legten fest, wo Lager gebaut, Truppenterritorien und Heerstraßen verlaufen sollten. Später mussten Flurkarten, Flurbücher und Kataster angelegt sowie Grenzstreitigkeiten geregelt werden. „Der Agrimensoren-Kodex ist die älteste und zugleich die wichtigste Handschrift aus dem Bereich der römischen Feldmesskunst, der Gromatik“, sagt Dr. Helmar Haertel, Leiter der Handschriftensammlung in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.

Das 157 Blätter umfassende Werk aus dem 6. Jahrhundert gehört zu den Schätzen seiner Sammlung. Die Texte in lateinischer Sprache informieren den Leser über die Vermessung von Gebieten, die Einteilung durch sich rechtwinklig schneidende Grenzlinien, die Aufgabe als Richter im Bodenrecht und die Kenntnis der Längen- und Flächenmaße. Geografische wie auch juristische Details kommen zur Sprache.

„Das Handbuch ist die einzige noch erhaltene lateinische Handschrift mit Illustrationen aus jener Zeit“, erklärt Haertel und zeigt beispielhaft auf Blatt 18r: Dort findet sich zur Erläuterung des römischen Rechtswortes arcifinium (Naturgrenze) eine Landschaft mit natürlichen Grenzen: einem Gebirge, einem Fluss und davor einer Mauer. Diese Naturgrenzen umschließen das zu vermessende und zu bebauende Gelände.

Bevor Herzog August 1663 das Handbuch für seine Bibliothek erwarb, war es bereits durch zahlreiche Hände gegangen. 1494 im Kloster Bobbio entdeckt, gelangte es über Rom in den Besitz des Erasmus von Rotterdam. Nach dessen Tode kam es unter anderem in den Besitz von Johannes a Lasco (1499-1560) in Emden, Johannes Arcerius in Utrecht († 1604, nach ihm auch Kodex Arcerianus genannt) und Petrus Scriverius in Haarlem (1576-1660).
(gef)

 Herzog August Bibliothek
(Foto: Herzog August Bibliothek)


Kontaktinformationen

Name: Dr. Helmar Haertel (Leiter der Handschriftensammlung)
Institution: Herzog August Bibliothek
Adresse: Postfach 1364 38299 Wolfenbuettel
Telefon: (05331) 808-129
Fax: (05331) 808-165
WWW: http://www.hab.de
E-Mail:
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