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Und täglich grüßt die Wissenschaft
26.01.2007

Augen auf beim Wasserkauf!

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0,01 °C
ist die Temperatur, bei der Wasser alles zugleich sein kann: Eis, Flüssigkeit und Dampf. Diese Temperatur ist (noch) der Dreh- und Angelpunkt der Temperaturskala.

Glosse

Physiker können nicht nur Schüler und Studenten an den Rand des Nervenzusammenbruchs treiben, sondern auch Getränkemarktbesitzer. Denn hinter der einfachen Frage: "Hätten Sie einen Liter Wasser für mich?" verbirgt sich ein abgründiger Tiefsinn, der für normale Wassertrinker kaum zu erahnen ist. Der Verkäufer (Dienstleistungsgesellschaft!) wird sich mühen und sein gesamtes Wassersortiment ins Felde führen: still, medium oder sprudelnd? Mit Zitronengeschmack? Natriumarm? Oder die italienische Edelmarke in der blauen Flasche? "Ich hätte aber gerne SMOW", sagt der Physiker und sieht sich einem ratlosen Verkäufer gegenüber. "Schmooh? Ham wa nich!" Kann er auch nicht haben, handelt es sich bei Physikers Lieblingswasser doch um "Standard Mean Ocean Water" - durchschnittliches Ozeanwasser. Eine Kelle Atlantik, eine Kelle Pazifik, ein Schuss Karibik und so weiter. Das Ganze ordentlich destilliert ergibt SMOW. Ein Wasser zum Trinken viel zu schade. Aber das Wasser der Wahl, um Temperaturen zu bestimmen. Schließlich sind unsere Temperaturskalen auf Wasser gebaut. "Noch!", sagen die Wissenschaftler in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) und gehen nun der Temperaturdefinition an die Substanz. Wasserfrei und damit genauer soll sie werden und sich in Zukunft auf nichts als fundamentale Konstanten beziehen. Getränkemarktbesitzer können aufatmen. Aber die Studenten? Die stehen angesichts der neuen Definition vor weiteren Abgründen.
(jes)



Fakten

Neudefiniton des Kelvin?

Die derzeitige Definition des Kelvin verknüpft die Temperatureinheit mit einer Materialeigenschaft, mit dem Tripelpunkt des Wassers. Vorteilhafter wäre es, stattdessen den Wert der Boltzmann-Konstanten geeignet festzulegen. Dazu muss dieser zunächst mit deutlich geringerer Unsicherheit als bisher bestimmt werden. Die PTB will dieses Ziel mit verbesserter Dielektrizitätskonstanten-Gasthermometrie erreichen.
Durch die Festlegung der Temperatur des Wasser-Tripelpunkts auf 273,16 K ist das Kelvin derzeit mit einer eher "zufälligen" Materialeigenschaft verknüpft. Wie bei anderen Einheiten böte es Vorteile, die Temperatureinheit stattdessen mit einer fundamentalen Naturkonstanten zu verknüpfen und deren Wert festzulegen, denn dadurch würde kein Temperaturwert (und auch kein Messverfahren) ausgezeichnet. Im Falle des Kelvin wäre die Boltzmann-Konstante k festzulegen, denn die Temperatur tritt in fundamentalen physikalischen Gesetzen stets als "thermische Energie" kT auf. So wäre eine denkbare Möglichkeit, das Kelvin als die Temperaturänderung zu definieren, die bei einem idealen Gas aus 1030 Punktteilchen ohne innere Freiheitsgrade nach heutigem Kenntnisstand zu einer Änderung der inneren Energie um 20 709 755 J führt.
Die PTB hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, ihre seit Jahren erfolgreich im Tieftemperaturbereich eingesetzte Dielektrizitätskonstanten-Gasthermometrie so zu verbessern, dass die heute damit erreichbare relative Standardunsicherheit bei der Bestimmung der Boltzmann-Konstanten von 15 . 10-6 in einem ersten Schritt auf 2 . 10-6 reduziert und in einem zweiten Schritt um eine weitere Größenordnung gesenkt wird.
Dieses Vorhaben, das insgesamt sicher ein Jahrzehnt erfordern wird, ist jetzt mit ersten Untersuchungen an einem neu aufgebauten Gasthermometersystem in Angriff genommen worden. Spektrale Strahlungsmessungen auf der Basis des Planckschen Gesetzes werden das Vorhaben begleiten und die Ergebnisse absichern helfen.
(jes)



Kontaktinformationen

Name: Dr. Bernd Fellmuth
Institution: Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), Arbeitsgruppe "Grundlagen der Thermometrie"
Adresse: Abbestraße 2-12 10587 Berlin
Telefon: 030/3481-7224
WWW: http://www.ptb.de
E-Mail:
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