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Und täglich grüßt die Wissenschaft
29.01.2007

Kalibrierte Kühe

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6200 bar
- ist die Alternative zum Ultrahocherhitzen der Milch. (PTB)

Glosse

Milch ist gesund... Jedenfalls bis gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe in die "Sauna" geschickt werden und dort schließlich verenden. "Ultrahocherhitzen" nennt man diese Foltermethode, die eigentlich Bakterien und andere Ganoven vom sofortigen Austritt aus der zivilisierten Gesellschaft, in diesem Falle die der Milch, überzeugen soll.

Das klappt nicht so wirklich und bis vor kurzem störte dies auch keinen, bis sich ein revolutionärer Geist erhob und Gerechtigkeit forderte. Bald sollen potenzielle Milchkiller einfach so zerquetscht werden, was unsere begehrten Vitamine eher peripher tangiert.

Und dank der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, die die "Thermometer des Drucks" kalibrieren, weiß man dann auch auf das letzte bar genau, wie viel Druck die bösen Bakterien erdulden müssen. Dahinter steckt natürlich keine wissenschaftliche Neugier, sondern vielmehr pure Freude am Ableben der Kleinen.

Der Verbraucher jedenfalls freut sich. Bakterien zerquetscht. Milch haltbar gemacht. Mission erfolgreich. Leider ist das Ganze noch ein wenig zeitaufwendig. Wie viel einfacher wäre es, den Hochdruck gleich in der Kuh zu erzeugen? Ich freue mich jedenfalls schon auf Kuh Version 2.0 und das erste Kalibrierlabor für Nutztiere.
(jl)



Fakten

Mit Hochdruck zur H-Milch

Hersteller haltbarer Milch haben Probleme mit dem so genannten "Kochgeschmack" der durch die Sterilisation bei hohen Temperaturen zustande kommt. In Zukunft könnten sie stattdessen auch mit hohem Druck arbeiten, der dies verhindert. In der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) wird derzeit daran gearbeitet, dass dieser benötigte Druck auch gemessen werden kann.

Eine altbekannte Methode, Milch haltbar zu machen, ist das "Ultrahocherhitzen". Hierbei wird die Milch für wenige Sekunden auf ca. 135-150°C erhitzt, um Bakterien abzutöten. Allerdings gehen bei diesem Verfahren auch wichtige Vitamine sowie Geschmacksstoffe verloren. Wenn Milch jedoch mit hohem Druck anstelle von hoher Temperatur behandelt wird, bleiben der frische Geschmack und die Nährstoffe erhalten. Bei dieser Vorgehensweise wird die Milch mit ca. 4800-6200 bar zusammengedrückt, was ungefähr 5 Tonnen Gewicht entspricht, die auf einen Quadratzentimeter wirken. Durch die anschließende schlagartige Reduzierung des Hochdrucks auf den normalen Umgebungsdruck bleiben kleinere Moleküle, wie z.B. Vitamine, intakt. Größere Moleküle, wie z.B. Bakterien oder Keime, "zerreißen" bzw. verändern sich, da deren innere Bindungen leicht durch Druck zerstört werden können.

Um Milch hohem Druck aussetzen zu können, sind zwei Dinge notwendig: Zum einen muss der Druck erzeugt werden, z.B. durch eine Pumpe, und zum anderen muss der Druck gemessen werden, um genau abschätzen zu können, welcher Druck auf der Milch lastet. Messgeräte für diese extrem hohen Drücke müssen vor ihrer Verwendung - auch aus Sicherheitsgründen - überprüft werden, d.h. es wird festgestellt, ob sie auch richtige Werte anzeigen.

Unter der Leitung von Peter Ulbig wird im Planck-Bau des PTB Geländes unter Hochdruck gearbeitet, um genau das zu gewährleisten. Denn um den, für die Haltbarkeit der Milch benötigten Druck richtig messen zu können, bedarf es der Apparatur von Steffen Scheppner, an der er besagte Druckmessgeräte, so genannte Druckaufnehmer, überprüft, die er von Kunden aus der Industrie bekommt. Mit 500kg in Form von schweren Gewichtsplatten, die auf einen kleinen Kolben von ca. 0,05cm Fläche wirken, wird ein genau festgelegter Druck erzeugt. Den zeigt der zu kontrollierende Druckaufnehmer mit einer Abweichung von ca. 50 bis 200 bar an. Diese Abweichung wird erfasst und dem Auftraggeber mitgeteilt, damit dieser genau erfährt, welchen Wert sein Druckaufnehmer tatsächlich liefert. So kann er den exakten Druck aufwenden, der im jeweiligen Fall vonnöten ist.

Im Falle der Milch wird allerdings nur ein Druck unter 10.000 bar benötigt, d.h. man kann das zugehörige Messgerät in eines der Kalibrierlaboratorien schicken, die von der PTB betreut werden und ihrerseits Prüfungen durchführen. In Bereichen von 10.000 bis 14.000 bar werden Industriekunden von der PTB direkt betreut. Letztendlich bemerkt man schnell, dass eben doch alle Wege, auch die der zukünftigen Milch, zur PTB hinführen.
(jl)



Kontaktinformationen

Name: Dr. Peter Ulbig
Institution: Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), Fachbereich 3.2 "Analytische Messtechnik und Druck"
Adresse: Bundesallee 100
38116 Braunschweig
Telefon: 0531/592-3200
WWW: http://www.ptb.de/de/org/3/_index.htm
E-Mail:
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