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Und täglich grüßt die Wissenschaft
08.02.2007

Bloß keine Langeweile!

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Langeweile?
Voltaire empfiehlt: Arbeiten! (TU Braunschweig)

Glosse

Was ich auf eine einsame Insel mitnehmen würde? Einen Spaten. Und dann...? Ja, und dann schaufeln. Und schaufeln. Vorher vielleicht noch einen Plan zum Verlauf der Gräben entwerfen und abends zufrieden auf das Tagwerk blicken. Achja, ein Wochenplan wäre auch gut: Montags schaufeln von Süden nach Norden, dienstags dazu Querrillen anlegen, mittwochs schaufeln im Quadrat. Mit einem Spaten kann ich in der Einöde hoffentlich abwenden, was Voltaire als schlimmstes Übel erscheint: die Langeweile. Schlimmer als alle Qualen, die die Helden in Voltaires Roman "Candide" bisher erdulden mussten, erscheint ihnen gegen Ende die Langeweile. Sie ist ein großes Übel. Eigentlich sind sie allesamt gerettet und könnten endlich in Frieden und Harmonie zusammenleben. Und nun dies: Tristesse, innere Leere, Ennui. Und dann entdecken die Freunde etwas, was in der Philosophie noch nie einen guten Ruf hatte: die Arbeit. "Die Arbeit hält uns drei große Übel fern: die Leere, das Laster und die Not", so steht es im Text. Glück lässt sich ohne Arbeit nicht finden, folgert der Braunschweiger Philosoph Bernhard Taureck mit Voltaire und wirft mit kritischem Blick auf Hartz IV die Frage auf: Was bedeutet diese Aussage eigentlich für den modernen von Arbeitslosigkeit bedrohten Menschen? "Wir müssen unseren Garten kultivieren" - mit dieser Empfehlung zur Arbeit endet Voltaires Roman "Candide" von 1759. Und seine Helden greifen zum Spaten.
(ehl)



Fakten

Kennen Sie den Ennui? Diese innere Leere, die einen überfällt, wenn man tagelang die Wohnung nicht verlassen hat? Die Tristesse, die aus den Wänden kriecht und im Kühlschrank gähnt? Schon Pascal stellt fest: Der Mensch schafft es nicht, einfach allein in seiner Wohnung zu bleiben. Er schafft es nicht und daraus resultiert alles: Schwierigkeiten, Zerstörungen, Kriege.

In Voltaires Roman "Candide" wird die These von der besten aller möglich Welten nach Leibniz mit satirischen Mitteln auf die Probe gestellt. Allerlei Widrigkeiten und Unbill erfahren die Helden
und finden zum Schluss gerettet zu einem friedlichen Leben zusammen. Doch was geschieht? Nichts - und das ist es eben. Langeweile macht sich breit, Tristesse, innere Leere, Ennui. "Die Arbeit hält drei Übel fern: die Langeweile, das Laster und die Not," erklärt der Türke die weltumspannende Wahrheit.

Nun, sagt Voltaire, da hilft kein Räsonnieren. Da der Mensch es nicht schafft, allein in seiner Wohnung zu bleiben, ist das Beste für sein Seelenheil die Arbeit. "Wir müssen unseren Garten kultivieren" - so endet Voltaires Roman "Candide", der 1759 mitten im Siebenjährigen Krieg erschien. Bernhard Taureck, Philosoph an der Technischen Universität Braunschweig, liest seinen Voltaire mit modernem Blick. Die Bedeutung, die die Arbeit für die Psyche des Menschen hat, wird in der heutigen Debatte zur Arbeitslosigkeit stark vernachlässigt.
(ehl)



Kontaktinformationen

Name: Prof. Dr. Bernhard H. F. Taureck
Institution: TU Braunschweig, Seminar für Philosophie
Adresse: Bienroder Weg 80
38106 Braunschweig
Telefon: 0511/3885909
WWW: http://www.philosophie.tu-bs.de
E-Mail:
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