Foul ist, wenn der Schiri pfeift
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ist nicht nur eine Zahl, sondern die "(inverse) Feinstrukturkonstante" - Physikers Liebling. Noch. Denn ihre Konstanz wird bezweifelt.
Glosse
"Schiri raus! Schiri raus!" So schallt es gerne durch die Stadien. Dies immer dann, wenn sich die Regelauslegung des Herrn in Schwarz dem fachkundigen Publikum nicht auf Anhieb erschließt. In gewissen Fällen steht der schwarze Mann derart in der Kritik, dass er es nach der Arbeit vorzieht, etwas länger in der Kabine zu bleiben.
Während die Sportwelt noch diskutiert, dem Schiedsrichter einen Beobachter tribünenwärts zur Seite zu stellen, handelt die Wissenschaft. Einer der schärfsten Spielbeobachter arbeitet in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt und schaut sich - zwar nicht von der Tribüne, sondern vom Labor aus - ein ganz besonderes Spiel an. Das Spiel heißt "Evolution des Kosmos", dauert schon über 14 Milliarden Jahre und der Schlusspfiff ist noch längst nicht in Hörweite.
Mit den schärfsten Messinstrumenten, den Atomuhren neuester Generation, guckt Ekkehard Peik nach, ob sich die grundlegenden Spielregeln der Natur, die in Form von Naturkonstanten aufgeschrieben sind, vielleicht im Laufe der Zeit ändern. (Man stelle sich das vor: Was in der ersten Halbzeit als Foul bestraft wird, gilt in Halbzeit Zwo als regelkonform. Unerhört!)
Aber eben eine solche unerhörte Begebenheit wird von vielen prophezeit. Noch kann Ekkehard Peik Entwarnung geben. Alles im grünen Bereich. Keine Veränderungen festzustellen. Aber der große Schiedsrichter bleibt weiter unter Beobachtung. Wir melden uns wieder.
(jes)
Fakten
Wie konstant sind Naturkonstanten?
Ändern sie sich oder ändern sie sich nicht? Diese Frage treibt Astrophysiker und Theoretiker seit vielen Jahren um, wenn die Rede auf Naturkonstanten kommt. Sind Lichtgeschwindigkeit, Elementarladung oder Planckkonstante vom Anbeginn der Zeiten mit sich identisch geblieben - wie die Behauptung, Naturkonstante zu sein, vermuten lässt - oder nagt auch an diesen ehernen Größen der Zahn der Zeit? Physiker der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig haben jetzt mit Hilfe von Atomuhren und optischen Frequenznormalen eine zeitliche Änderung der Feinstrukturkonstanten α aufzuspüren versucht. Das Ergebnis: Die Wissenschaftler konnten mit ihren Präzisionsmessungen keine Variation feststellen. Sollte sich α dennoch zeitlich ändern, dann lediglich um weniger als einen Bruchteil von 4 . 10- 16 pro Jahr und damit unterhalb der heute erreichbaren Messgenauigkeit.
Ein Experiment, um eine Veränderung einer Naturkonstanten tatsächlich zu beobachten, sieht im Prinzip so aus: Miss eine Naturkonstante heute, warte eine Weile, miss die Naturkonstante erneut und schau nach, ob sich das Messergebnis verändert hat. Je kürzer die verstrichene Zeit zwischen den beiden Messungen, um so ähnlicher werden sich die beiden Messungen sein und um so genauer muss der Experimentator hinsehen, um eine Änderung überhaupt erkennen zu können - denn Naturkonstanten "leben" auf einer Zeitskala, die sich in Milliarden von Jahren misst. Schnelle Veränderungen innerhalb weniger Jahre sind da nicht zu erwarten. Die PTB-Physiker aus der Gruppe um Ekkehard Peik haben sich daher Zweierlei genommen: Erstens etwas Zeit - genauer gesagt: fünf Jahre -, um ihre Messungen durchzuführen, und zweitens die präzisesten Messgeräte, die weltweit zur Verfügung stehen: Atomuhren und optische Frequenznormale.
Bei den fünf Jahre auseinander liegenden Messungen konnten keine signifikanten Änderungen beobachtet werden. Sollte es dynamische Entwicklungen der Konstanten in der Frühzeit des Universums gegeben haben, so sind diese in unserer Zeit offensichtlich so weit abgeklungen, dass sie an der Grenze heutiger Messpräzision nicht nachweisbar sind.
(jes)
Kontaktinformationen
Name: | Dr. Ekkehard Peik |
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Institution: | Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), Arbeitsgruppe "Optische Uhren mit einzelnen Ionen" |
Adresse: |
Bundesallee 100 38116 Braunschweig |
Telefon: | 0531/592-4412 |
WWW: | http://www.ptb.de |
E-Mail: |