Keine Angst vor Dreck!
Resistente Bakterien -
zahllose gegen gängige Antibiotika resistente Bakterien fanden Mikrobiologen des HZI nach der Elbeflut 2002 in überfluteten Kellern in Hitzacker und Bitterfeld.
Glosse
Ich schwöre, ich werde nie mehr aufschreien, nur weil mein Sohn sich gerade eine Handvoll Dreck genehmigt oder - Hilfe! - etwa einen Regenwurm essen will! Auch dann nicht, wenn er mit der Zahnbürste verlorene Zahnpasta aus dem Ausguß angelt. Denn diese mütterlichen Grauen sind ja harmlos gegen den üblen Schlamm, den die Elbeflut im August 2002 durch die Keller zum Beispiel von Hitzacker oder Bitterfeld schwemmte. Ich habe Fotos gesehen, auf denen wurden verendete halbvergammelte Hähne aus der Brühe gezogen! Und auch Klärwerke wurden überschwemmt, so dass Bakterien aus Fäkalien auf die Suche nach neuen Herbergen ausschwärmen konnten. Solche Keime gelten als hochpathogen und können gefährliche Krankheiten auslösen, erklärt mir Wolf-Rainer Abraham vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung.
Zusammen mit seinem Kollegen Dirk Wenderoth war Abraham vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung mit einem mobilen Labor in Hitzacker und Bitterfeld unterwegs, um in überfluteten Kellern nach krankheitsauslösenden Mikroorganismen zu suchen. Um es kurz zu machen: Sie haben nicht sehr viele Keime gefunden. "Zum Glück überleben Bakterien starke Veränderungen ihrer Existenzbedingungen nicht lange," erklärt Abraham das Phänomen. In dem Dreck - keine Keime! Was sie aber fanden, waren Bakterien mit einer sehr hohen Resistenz gegen gängige Antibiotika. Du meine Güte! Ja, iss ruhig Schnee und trink Okerwasser, mein Kind, du musst schließlich dein Immunsystem stärken!
(ehl)
Fakten
Resistente Bakterien in überfluteten Kellern
"Totgekriegt haben wir sie alle" sagt Wolf-Rainer Abraham und spricht von Bakterienstämmen aus der Elbeflut vom Spätsommer 2002. Zusammen mit seinem Kollegen Dirk Wenderoth war Abraham vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung mit einem mobilen Labor in Hitzacker und Bitterfeld unterwegs, um in überfluteten Kellern nach krankheitsauslösenden Mikroorganismen zu suchen. "So viele pathogene Keime wie befürchtet haben wir zum Glück nicht gefunden," berichtet Abraham. Obwohl auch Klärwerke überflutet wurden und so zahlreiche besonders gefährliche Keime in das Wasser gelangten. "Bakterien sind meistens sehr spezialisiert auf ein bestimmtes Umfeld und eine Temperaturveränderung überleben sie oft nicht lang", erläutert Abraham. Soweit die relative Entwarnung; eine ernste Gesundheitsgefährdung durch den Kontakt mit dem Flutwasser bestand nicht. Ein anderes in diesem Ausmaß nicht erwartetes Ergebnis beunruhigt die Mikrobiologen allerdings. Gefunden wurden sehr viele Bakterien mit ausgeprägter Resistenz gegen gängige Antibiotika. Das mag daran liegen, dass Antibiotika in weit größerer Zahl als in der menschlichen Medizin in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Oder - wie Abraham annimmt - an einer sehr hohen natürlichen Resistenz der mikroskopischen Einzeller.
"Aber letztlich gab es doch keinen Stamm, den wir nicht umbringen konnten", resümiert der Biochemiker.
(ehl)
Kontaktinformationen
Institution: | Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung |
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WWW: | http://www.hzi.de |