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Und täglich grüßt die Wissenschaft
23.03.2007

Leuchtende Risse

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Hotspot
heißt der kritische Punkt, an dem eine auffällige Erwärmung eines Bauteils eintritt. Im IBT bringt man sie per Infrarotkamera indirekt zum Leuchten und erkennt dadurch auch kleinste Risse.

Glosse

Wer kennt ihn nicht, den chaotischen Choleriker der 60er Jahre-Werbung? Irgendwas Alltägliches lief schief, und schon regte das HB-Männchen sich in unverständlichem Kauderwelsch fürchterlich auf. Sein Geduldsfaden war wohl ganz schön strapaziert, und wenn er riss, peng, ging das Kult-Männchen in die Luft. Auch bei reißenden Bauteilen könnte in Industrie und Bauwesen so einiges in die Luft gehen. Was aber bei dem wuseligen Männchen niemals vorkam: Vorher ermüden sie lange. Und diesen Umstand kann man sich als Forscher zunutze machen. Wenn ein Riss entsteht und wächst, wird Wärme freigesetzt. Das führt zu lokalen Temperaturerhöhungen. Um gravierende Schäden in metallischen Bauteilen zu vermeiden, bringt das Braunschweiger Institut für Bauwerkserhaltung und Tragwerk die Materialermüdung auf besondere Art ans Licht: Mit einer hoch auflösenden Infrarotkamera ermitteln die Ingenieure die Hotspots, die kritischen Punkte, an denen auffällige Erwärmungen eines überwachten Objektes festgestellt werden - und bringen damit auch noch so kleine Risse indirekt zum Leuchten. So können die Braunschweiger Forscher mit leuchtendem Beispiel schon früh Prognosen über die Haltbarkeit eines Bauteils treffen. Beim HB-Männchen erübrigte sich solch detektivische Arbeit - es leuchtete schon äußerlich schnell puterrot .
(mba)



Fakten

Vielleicht haben Sie schon einmal nervös an einer Büroklammer genestelt, bis sie plötzlich brach? Aber warum bricht der Draht erst nach 10 bis 15 Knickbewegungen? Ursache dafür ist ein Phänomen, das Materialermüdung genannt wird und Ingenieure aller Fachdisziplinen seit mehr als 150 Jahren beschäftigt. Bereits um 1860 führte der deutsche Ingenieur August Wöhler eine Reihe von Versuchen durch, um die Ursachen einer Serie von Eisenbahnunfällen in Folge gebrochener Wagenachsen zu ergründen.
Für Materialermüdung bei Metallen sorgen Mikroschädigungen, die durch wechselnde Beanspruchungen ausgelöst werden. Werden sie nicht rechtzeitig erkannt, können sie sich zum vollständigen Riss auswachsen, der schließlich bis zum Ausfall des Bauteils führen kann.
Ohne Erkenntnisse auf dem Gebiet der Materialermüdung würde kein Auto fahren, kein Flugzeug fliegen und keine Windkraftanlage Strom produzieren. Dabei sind Ermüdungsrisse in manchen Bereichen der Technik sogar explizit erlaubt und werden bereits beim Entwurf der Bauteile berücksichtigt. Das geht natürlich nur, wenn die zugrunde liegenden Mechanismen hinreichend bekannt sind, um z.B. die Inspektionsintervalle bei einem Passagierflugzeug richtig planen zu können.
Das Institut für Bauwerkserhaltung und Tragwerk der TU Braunschweig geht bei der Erforschung solcher Ermüdungsschädigungen in metallischen Bauteilen neue Wege. Mit Hilfe der Thermografie, einem bildgebenden Verfahren, machen die Forscher die für das menschliche Auge unsichtbare Wärmestrahlung des Objektes sichtbar. "Das Spannende an der Sache ist, dass bei der Initiierung und dem Wachstum der Risse Wärme freigesetzt wird, die zu lokalen Temperaturerhöhungen führt", erklärt Institutsleiter Prof. Dr.-Ing. Thomas Ummenhofer. "Diese sind zwar sehr klein, lassen sich aber mit einer hoch auflösenden Infrarotkamera, d. h. einer Kamera, die Wärmestrahlung detektiert, erfassen. Die Rissbereiche werden dadurch indirekt zum Leuchten gebracht. So analysieren wir beispielsweise die Entstehung und das Wachstum von Mikrorissen in Schweißnähten." Mit dieser Methode sind Vorraussagen über den Schädigungsverlauf eines Bauteils bereits bei fünf bis zehn Prozent seiner Lebensdauer möglich. (mba)



Kontaktinformationen

Name: Dipl.-Ing. Justus Medgenberg
Institution: TU Braunschweig, Institut für Bauwerkserhaltung und Tragwerk (IBT)
Adresse: Pockelsstraße 3
38106 Braunschweig
Telefon: 0531/391-2506
WWW: http://www.ibt.tu-braunschweig.de
E-Mail:
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