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Und täglich grüßt die Wissenschaft
29.03.2007

Kryptische Quanten

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Qubits
sind Grundlage und kleinstmögliche Speichereinheit für Quantenkryptografie, die das Institut für Mathematische Physik im Hinblick auf abhörsichere Kommunikation erforscht.

Glosse

Kaum ein alter Krimi kam ohne sie aus: die schrulligen alten Damen, die immer über alles in der Nachbarschaft Bescheid wissen. Hinterm Vorhang auf der Lauer spitzten sie zugleich die Ohren, um auch ja das nächste Telefonklingeln nicht zu verpassen. Dann ran an die Muschel und genüsslich mitlauschen. Unmut aber dräute, wenn's bei den Belauschten verdächtig in der Leitung knackte. Um einiges kniffliger ist es, den lauschenden Dritten im verwanzten Büro oder und gar den Codeknacker im digitalen Datenverkehr zu entdecken. Eine Garantie für abhörsicheren Transfer geheimer Daten verspricht nun die Quantenkryptographie, an deren Entwicklung das Institut für Mathematische Physik der TU Braunschweig und die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) arbeiten. Gegenüber mathematischen Verschlüsselungen, die durch enorme Rechnerleistung geknackt werden können, hat diese Form der Kryptografie den Vorteil, dass sie auf einem Gesetz der Quantenphysik beruht: Jede Messung an einem Quantenteilchen hinterlässt untrügliche Spuren. Dadurch erkennt der Empfänger einer Nachricht, ob ein Lauscher mit im Spiel war, und der Transfer erfolgt mit neuer Verschlüsselung. So kehrt dank Heisenbergs Unschärferelation das gute alte Knacken in der Leitung in veränderter, beispiellos kryptischer Form in die Welt zurück. (mba)



Fakten

Sichere Kommunikation ist eine fundamentale Voraussetzung für Transaktionen in Banken, beim Militär, aber auch innerhalb von Konzernen. Mit dem Verfahren der Quantenkryptografie nähert sich die Forschung der Vision vom unknackbaren Code.
Das Institut für Mathematische Physik der TU Braunschweig forscht auf diesem Gebiet in Kooperation mit weiteren TU-Instituten und der PTB im Rahmen des Joint Optical Metrology Center (JOMC). "Wir arbeiten an einer Form von Sicherheit, die in der klassischen Physik gar nicht denkbar ist", sagt Torsten Franz von der Arbeitsgruppe Quanteninformation. "Heutige Verschlüsselungen beruhen auf komplizierten mathematischen Formeln, können aber durch den Einsatz von massiver Rechenleistung geknackt werden. Uneingeschränkt sichere Kommunikation wird erst durch die Technik der Quantenkryptographie möglich."
Die Sicherheit der Datenübertragung basiert auf einem physikalischen Gesetz: Nach Heisenbergs Unschärferelation kann man über Quantenteilchen nichts herausfinden, ohne sie dabei zu verändern. Jeder Lauscher wird daher entweder entdeckt, oder er erhält keine verwertbare Information. Um einen gemeinsamen geheimen Quantenschlüssel zu erzeugen, versetzt der Sender die kleinsten Speichereinheiten der Quanteninformation, die Qubits (in der Regel Photonen, also Lichtteilchen), nach dem Zufallsprinzip in Zustände, die entweder dem Wert 0 oder 1 entsprechen. Dann übermittelt er sie durch ein Glasfaserkabel an den Empfänger. Ein Abgleich eines Teils der Bitfolgen von Sender und Empfänger zeigt an, ob jemand versucht hat, in den Besitz des Quantenschlüssels zu kommen. Denn jeder Versuch, einzelne Qubits abzufangen und ihren Zustand zu messen, hinterlässt deutliche Spuren in der Bitfolge. Ist das der Fall, wird der übertragene Schlüssel verworfen und ein neuer erzeugt.
Spezifisches Ziel des JOMC-Projektes ist die Entwicklung zuverlässiger neuartiger Komponenten und Systeme für die Quantenkommunikation und die Zertifizierung von praxistauglichen Quantenkryptografie-Systemen.
Seit 2004 in Wien die weltweit erste quantenkryptisch verschlüsselte Banküberweisung per Glasfaserkabel gelang, sind erste solcher Anlagen bereits im Testbetrieb und sollen auch in Unternehmensnetzwerke integriert werden. Um größere Distanzen zu überwinden, setzt die Forschung aufs All: Ein erster quantenkryptografischer Satellit wird voraussichtlich 2010 zu Testzwecken starten.
(mba)



Kontaktinformationen

Name: Torsten Franz
Institution: Technische Universität Braunschweig, Institut für Mathematische Physik, Arbeitsgruppe Quanteninformation
Adresse: Mendelssohnstraße 3
38106 Braunschweig
Telefon: 0531/391-5209
WWW: http://www.imaph.tu-bs.de
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