Bits auf Film statt schwarzer Magie
Laserbelichtung
ermöglicht Daten auf einem speziellen Datenfilm zu speichern und lange Zeit zu erhalten. An der TU Braunschweig forscht man am Thema Langzeitdatenspeicherung.
Glosse
In den achtziger Jahren galt unter Kindern der Homecomputer als ideales Mittel zum sozialen Aufstieg, und nie wieder hat es einen größeren Hierarchiesprung in deutschen Klassenzimmern gegeben wie an jenem Schultag, als Henning sein brandneues 5,25-Zoll-Diskettenlaufwerk für den Commodore 64 präsentierte. Die 5,25-Zoll-Diskette setzte dem Erfindungsgeist der Menschheit die Krone auf, das dünne Scheibchen beherbergte einen gigantischen Speicher für mehrere hundert Kilobyte. Mit Hilfe eines Diskettenlochers ließ sich sogar die Rückseite beschreiben. Schwarze Magie!
Nun ja, der technische Fortschritt hat dem Wunderwerk von einst längst den Garaus gemacht, weswegen Henning heute ein Problem hat. Sein lädierter C64 verstaubt samt Laufwerk auf dem Dachboden, die Disketten sind nicht mehr lesbar und ihre Daten für immer verloren. Auch heutige Speichermedien wie CDs, DVDs oder Magnetbänder weisen eine eher geringe Lebensdauer auf. Für die Langzeitarchivierung kostbarer Daten von Versicherungen oder Banken sind sie nur begrenzt geeignet. Deswegen erforscht das Institut für Nachrichtentechnik der TU Braunschweig mit seinen Partnern eine neuartige Technologie zur Speicherung digitaler Informationen. Herzstück ist ein Laserbelichter, der die Daten auf einen Film schreibt. Auf diesem Filmmaterial, so das Forschungsziel, sollen die Informationen mehrere Jahrhunderte lang gut aufgehoben und zerstörungsfrei lagern können. Ganz ohne Zauberei.
(boy)
Fakten
Langzeitdatenspeicherung digitaler Daten auf Mikrofilm
Die Archivierung der stetig anwachsenden Flut digitaler Daten stellt die heutige Gesellschaft vor ein schwerwiegendes Problem. Herkömmliche Speichermedien wie CDs, DVDs oder Magnetbänder besitzen eine relativ geringe Lebensdauer und sind somit für die Langzeitarchivierung digitaler Daten nur begrenzt geeignet. Viele Daten müssen aber zuverlässig für die Dauer eines Menschenlebens oder darüber hinaus sicher gespeichert werden, z.B. Bank- und Versicherungsdaten oder auch medizinische Informationen. So werden Röntgen-, MRI (Magnetresonanz)- oder CT (Computertomographie)-Bilder derzeit noch vielmals in Papierform oder auf Mikrofiches gespeichert. Aber auch im Bauwesen ist eine sichere Langzeitdatenspeicherung unumgänglich, man denke z.B. an Konstruktions- und Systemdaten von Atomanlagen oder anderen Hochsicherheitsgebäuden. Weitere Anwendungsgebiete sind Medienprodukte wie Filme oder Hörspiele.
Zusätzlich zu der Tatsache, dass viele der oben erwähnten Datenträger in Zukunft nicht mehr lesbar sein werden, spielt die Problematik der Verfügbarkeit entsprechender Lesegeräte (Wer hat heute z.B. noch einen Plattenspieler zu Hause?) eine große Rolle. Wird es z.B. in 30 Jahren noch ein Laufwerk geben, mit dem die heute auf CD-ROM geschriebenen Urlaubsbilder eingelesen werden können - wenn die CD-ROM dann überhaupt noch lesbar ist?
Mangels sicherer Alternativen wird heute vielmals die Strategie der so genannten Migration der Daten, d.h. das regelmäßige Umkopieren auf andere Speichermedien, verfolgt. Neben dem Risiko des Datenverlustes kostet diese Verfahren Geld und Zeit - und zwar immer wieder.
Aufgrund der hervorragenden Langzeitstabilität von mehreren hundert Jahren werden seit langer Zeit und mit Erfolg verschiedene Filmmaterialien ("Mikrofilm") eingesetzt, auf denen wichtige Dokumente fotografisch archiviert werden. So wird der Film als Speichermedium heute schon erfolgreich zur Langzeitarchivierung von Kulturgütern eingesetzt, wie z.B. im Barbarastollen in Oberried bei Freiburg, wo die Filmrollen tief im Innern der Erde fest verpackt in Edelstahlbehältern eingelagert werden. Die Datenspeicherung erfolgt bislang allerdings noch rein analog, d.h. die zu archivierenden Dokumente werden abfotografiert. Daten im Sinne der Datenverarbeitung werden so nicht gesichert.
Eine neuartige Technologie zur Langzeitdatenspeicherung digitaler Informationen wird derzeit am Institut für Nachrichtentechnik (IfN) der TU Braunschweig erforscht, wobei die Daten auf einem speziellen Datenfilm mittels Laserbelichtung gespeichert werden. Das Prinzip der Laserbelichtung wird schon seit vielen Jahren erfolgreich zur Belichtung von Kinofilmen in sehr hoher Qualität eingesetzt. Bei diesem Forschungsvorhaben kooperiert das IfN mit dem Fraunhofer Institut für Physikalische Messtechnik, das über weitreichende Erfahrung im Bereich der digitalen Laserbelichtung verfügt, der Firma MicroArchive Systems in Frankfurt sowie verschiedenen mittelständischen Unternehmen. Technologisches Herzstück hierbei ist ein bei den Freiburgern entwickelter Laserbelichter, mit dem die Daten auf den Film geschrieben werden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Speichermedien sollen die auf dem Filmmaterial gespeicherten Daten über mehrere Jahrhunderte quasi zerstörungsfrei gelagert werden. Damit die Daten auch wirklich fehlerfrei wieder vom Film gelesen werden können, werden am IfN Methoden zur Fehlerschutzcodierung untersucht, damit Fehler, wie sie z.B. durch kleine Kratzer entstehen können, nicht zu Datenverlust führen. Darüber hinaus werden robuste Bildverarbeitungsmethoden entwickelt, die das sichere Auffinden der Daten auf dem Film gewährleisten.
Kontaktinformationen
Name: | Prof. Dr.-Ing. Ulrich H. Reimers |
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Institution: | Technische Universitaet Braunschweig, Institut fuer Nachrichtentechnik |
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Schleinitzstrasse 22 38106 Braunschweig |
Telefon: | 0531/391-2480 |
Fax: | 0531/391-5192 |
WWW: | http://www.ifn.ing.tu-bs.de |
E-Mail: |