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Und täglich grüßt die Wissenschaft
16.05.2007

Von Fleischern und Dichtern

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Martin Opitz
(1597-1639) schrieb als erster deutsche Verse, die sich systematisch der natürlichen Wortbetonung anpassten, also nicht anders klangen, als man sprach.

Glosse

"In der allergrößten Not, schmeckt die Wurst auch ohne Brot." Nein, von solchen Sprüchen hält Bäckermeister Ernst Braun aus Goslar nichts. "Was nützt die beste Wurst, wenn es an einer ordentlichen Grundlage mangelt?" Für die Grundlage, das Brot, ist er zuständig. Für die Wurst sein Bruder Wolfgang Braun, Fleischermeister in Gifhorn. Die beiden Männer verstehen ihr Handwerk und mit platten Reimen braucht man den beiden erst gar nicht zu kommen. Kein Wunder, bei der Verwandtschaft!
Denn kein Geringerer als Martin Opitz (1597-1639), der größte deutsche Dichter in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, ist ein Ahn der Brüder Braun, wie ein Dokument aus Opitz´ schlesischer Geburtsstadt Bunzlau beweist. Da man damals noch nicht als freier Schriftsteller überleben konnte, verdingte sich Opitz als Hauslehrer oder diente sich verschiedenen Herrschern an.
"Als breit gebildeter Humanist mit weitem Bekanntenkreis zwischen Breslau, Stockholm, Leiden und Paris eignete er sich hervorragend zum Diplomaten, und zuweilen spielte er für die verfeindeten Schweden und Polen den Doppelagenten", erzählt Dr. Harald Bollbuck von der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Gemeinsam mit dem Leiter des Projekts, Prof. Dr. Klaus Conermann, arbeitet er die Korrespondenz von Opitz wissenschaftlich auf, übersetzt und erläutert sie. "Übrigens", sagt Bollbuck, "war auch der Vater des Dichters Opitz wie Wolfgang Braun ein Fleischermeister."
(gef)



Fakten

Martin Opitz: Dichter, Diplomat und Doppelagent

Martin Opitz von Boberfeld (1597-1639) ist eine Schlüsselgestalt der deutschen Literaturgeschichte. Er etablierte die meisten Gattungen der europäischen Renaissance-Literatur in Deutschland und stellte damit Vorbilder für die weitere literarische Entwicklung bis ins 18. Jahrhundert auf. In einem Editionsprojekt der Herzog August Bibliothek (HAB) Wolfenbüttel wird die spannende Korrespondenz von Opitz, vermehrt durch verstreute handschriftliche Bemerkungen und Berichte anderer über den schlesischen Dichter, wissenschaftlich aufgearbeitet, übersetzt und kommentiert. 420 Dokumente liegen den Wissenschaftlern der HAB vor, davon 280 Briefe von und an Opitz. 255 Briefe sind auf Latein verfasst, 25 auf Deutsch.
"In den Briefen erörtert Opitz vornehmlich Probleme der Dichtung und der deutschen Sprache oder er liefert Berichte über die politische und militärische Lage seiner Zeit. Oft sind die Schreiben von persönlichen Erlebnissen der Kriegszeiten durchsetzt", erläutert der Historiker Dr. Harald Bollbuck von der HAB. "Opitz schrieb als erster deutsche Verse, die sich systematisch der natürlichen Wortbetonung anpassten, also nicht anders klangen, als man sprach." Da man damals noch nicht als freier Schriftsteller überleben konnte, verdingte sich der Dichter als Hauslehrer oder diente sich verschiedenen Herrschern an. "Als breit gebildeter Humanist mit weitem Bekanntenkreis zwischen Breslau, Stockholm, Leiden und Paris eignete sich Opitz hervorragend zum Diplomaten, und zuweilen spielte er für die verfeindeten Schweden und Polen den Doppelagenten. In den düsteren Kriegszeiten konnte man sich sein Auskommen kaum aussuchen", erzählt Bollbuck. Die Zeitgenossen erstaunte nicht nur seine Dichtkunst, sondern ebenso seine Erfolge in der Frauenwelt, wurde er doch als "homunculus", als "kleines Menschlein" mit wenig einnehmenden Zügen beschrieben. (gef)



Kontaktinformationen

Name: Dr. Anne Tilkorn (Pressesprecherin)
Institution: Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
Adresse: Lessingplatz 1 38304 Wolfenbüttel
Telefon: 05331/808-213
WWW: http://www.hab.de
E-Mail:
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