Wenn Holz nicht brennt
120 °C
ist die Brandtemperatur, ab der die Hochleistungsbrandschutzbeschichtung das Holz vorm Feuer schützt.
Glosse
Gestern hatten Nachbars im Garten ein Lagerfeuer -- Kindergeburtstag mit Stockbrotbacken und Gitarrenklängen bei sinkender Glut. Holz brennt halt toll. Besonders wenn es alt und gut durchgetrocknet ist. Nachbars pflegen ihren Brennholzstapel mit System.
Dabei eignet sich Holz auch hervorragend zum Hausbau. Dass früher halbe Städte abbrannten, lag eher am brennbaren Inhalt, am zu geringen Abstand und an fehlenden Brandmauern. Heute sind Holzbalken überbreit, um auch nach einer guten Weile im Feuer noch nicht einzustürzen. Doch wer höhere Wohnhäuser baut, muss tragendes Holz feuerfest verkleiden -- schade um die Optik. Wäre da nicht ein Schutzfilm aus Braunschweig: Der durchsichtige Lack macht Holz weitgehend feuerfest. Wenn Flammen nagen kommen und es ungemütlich warm wird, quillt er schaumig auf, härtet aus und hindert das Holz darunter mindestens eine halbe Stunde lang am Entzünden. Weder Rauch noch giftige Gase entstehen so.
Der Zweikomponenten-Lack fällt optisch kaum auf, kann auch alte Holzstrukturen schützen und ist witterungsbeständig. Eine Hochleistungsbrandschutzbeschichtung für Holz und Holzwerkstoffe, für die die Raumfahrttechnik Pate stand, meint das Entwickler-Team um die Fraunhofer-Forscher vom Wilhelm Klauditz Institut für Holzforschung (WKI). Altbausanierer dürften sich freuen. Und ein schutzlackierter Scheit in Nachbars Feuer wäre vielleicht auch mal interessant...?
(ds)
Fakten
"Wenn eine Grenztemperatur überschritten wird, entsteht eine voluminöse Schicht, die das darunter liegende Material vor weiterer Temperatureinwirkung schützt", erklärt Dirk Kruse vom Fraunhofer Institut für Holzforschung, Wilhelm Klauditz Institut (WKI). Um das Holz am Brennen zu hindern, haben sein Team einen Schutzanstrich mit Methoden der Weltraumtechnik verbessert. Bislang schützten so genannte Intumeszenz Beschichtungen nur, indem sie sich bei Feuer zu einem weichen Schaum aus Kohlenstoff aufblähten. So gelangt weder Hitze noch Sauerstoff ans darunter liegende Holz. Es sei denn, ein Luftzug und Stöße tragen die Schicht ab und die Flammen können wieder ans Holz.
Die neue Variante des Hitzeschildes ist nicht so flüchtig: Sie verfestigt sich zu einem harten, keramikähnlichen Material und kann das Holz wesentlich länger vor dem Entzünden bewahren. Ist sie schon bei 300° Celsius zum harten Schaum geworden, soll sie auch beim Vollbrand mindestens eine Stunde Schutz bieten können. Vorbild sind die Materialien, die Raketentriebwerke vor Temperaturen über 3000° Celsius schützen. Das mussten die Braunschweiger Forscher auf die wesentlich geringere Hitze bei Holzbränden anpassen, gemeinsam mit Kollegen anderer Fraunhofer Institute, der TU Braunschweig und mehreren mittelständischen Holz und Beschichtungsbetrieben.
Die zentralen Substanzen des Hitzeschildes heißen keramisierende Elastomere: Hochschmelzende Füllstoffe wie Siliziumcarbid und Siliziumdioxid, die bei Hitze mit einem Bindemittel aus Polymeren reagieren. So quillt der Schutzfilm auf und verhärtet mit den Füllstoffen zu einer festen Keramik. Den Lack gibt es mittlerweile klar oder auch deckend, und auftragen lässt er sich per Pinsel ebenso wie mit der Spritzpistole oder industriellen Beschichtungssystemen. Außerdem, so Kruse, "genügt er den normalen Ansprüchen hinsichtlich Optik, Dauerhaftigkeit, Kratzfestigkeit sowie Witterungsbeständigkeit." (ds)
Kontaktinformationen
Name: | Dirk Kruse |
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Institution: | Fraunhofer-Institut für Holzforschung - Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI) |
Adresse: |
Bienroder Weg 54 E 38108 Braunschweig |
Telefon: | 0531/2155-442 |
WWW: | http://www.wki.fraunhofer.de/ |