Good Vibrations
U 8
in Berlin ruht in einer Betonschale mit Federdämpfelementen, um Anwohner vor Erschütterungen zu bewahren. Die Berechnungen erfolgten auf Grundlage von Simulationen am Braunschweiger Institut für Angewandte Mechanik.
Glosse
"Good Vibrations" trällerten die Beach Boys in den 60ern. Da lebten sie am Strand und besangen die Liebe. Andere Menschen dagegen können ein Lied von "Bad Vibrations" singen: Seichtes Klirren in der Glasvitrine steigert sich zum rumpelnden Wändewackeln, die Fenster klappern, der Boden zittert - ein Erdbeben? Nein, denn es wiederholt sich in regelmäßigem Takt jahrein, jahraus. Der Elefant im Porzellanladen fährt auf Schienen, unterirdisch oder nebenan, als U-Bahn, Straßenbahn, ICE, und raubt den Anwohnern ihren Schlaf. Damit das Familienporzellan auch der nächsten Generation erhalten bleibt und die Menschen nicht vor Schreck aus ihren Betten purzeln, forscht das Institut für Angewandte Mechanik der TU Braunschweig im Bereich Erschütterungsschutz. Sobald ein Zug über die Gleise fährt, beginnen diese zu schwingen. Die Schwingung überträgt sich auf den Untergrund und von dort aus in die umliegenden Häuser. Um die Intensität der Erschütterungen vorherbestimmen zu können, simulieren die Forscher die Wechselwirkungen zwischen Boden und Bauwerk. Je nach Szenario liefern dann beim Bau spezielle Federungen oder eine zusätzliche Betonschicht unter den Schienen ein Bollwerk gegen das Wändewackeln. Denn für Erschütterungsforscher und gepiesackte Anwohner sind "Good Vibrations" einzig jene, die gegen Null tendieren. (mba)
Fakten
Ein großer Teil der Beförderung von Personen und Gütern weltweit zwischen und innerhalb von Ballungsgebieten erfolgt auf Schienen. Damit verbunden sind häufig auch störender Schall und unliebsame Erschütterungen in angrenzenden Häusern.
Dem Schutz vor solchen Erschütterungen widmet sich ein Forschungsprojekt am Institut für Angewandte Mechanik der Technische Universität Braunschweig. Dort wird ein Verfahren weiterentwickelt, mit welchem störende Schwingungen in der Interaktion zwischen Bauwerk und Boden vorherbestimmt werden können. Dieselben Methoden werden auch für die Berechnung von Erschütterungen im Straßenverkehr, insbesondere von Lastwagen, verwendet. "Hauptsächlich geht es darum, die Ausbreitung von Erschütterungen zu simulieren, so dass man die Maßnahmen für den Erschütterungsschutz bewerten kann, bevor das Bauvorhaben ausgeführt wird", erklärt Projektleiter Lutz Lehmann. Darüber hinaus ergeben sich Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Verfahren, die zu besseren, eventuell auch preisgünstigeren Alternativen führen können.
Dafür wird mit vereinfachten Annahmen der Lastverlauf eines vorbeifahrenden Zuges simuliert. Je nachdem, wie weit sich der Baugrund verformt, werden entsprechende Maßnahmen zur aktiven Reduzierung von Schwingungen eingeleitet. Beispielsweise kann ein dicker Betonblock unter den Schienen durch seine zusätzliche starre Masse verhindern, dass beim Vorbeifahren des Zuges der Baugrund zu Schwingungen angeregt wird. Alternativ kann ein Gleisbett auch in einer Betonschale ruhen, auf der Federdämpfelemente aufgelagert sind. So umgesetzt in der neu ausgebauten U-Bahnlinie 8 in Berlin.
Wird hingegen in der Nähe bereits lang bestehender Bahntrassen ein Wohnviertel gebaut, so kann die Dämpfung auch beim Schwingungsempfänger angebracht werden. In Hamburg beispielsweise wurden die Fundamente von Neubauten in der Nähe einer S-Bahnstrecke auf Federn aufgelagert.
"Solche Simulationen sind sehr aufwendig, und trotz moderner Computertechnologie stößt man schnell an die Grenzen des Machbaren. Das heißt: Arbeitsspeicher zu klein, Rechenleistung zu gering, so dass man mehrere Tage auf das Simulationsergebnis warten muss", erläutert Lehmann. Aus diesem Grund schließt die Forschung des Instituts die Entwicklung verbesserter Verfahren ein, die in erträglicher Rechenzeit brauchbare Ergebnisse liefern können. (mba)
Kontaktinformationen
Name: | PD Dr.-Ing. Lutz Lehmann |
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Institution: | Technische Universität Brausnchweig, Institut für Angewandte Mechanik |
Adresse: |
Spielmannstr. 11 38106 Brausnchweig |
Telefon: | 0531/391-7101 |
WWW: | http://www.infam.tu-bs.de |
E-Mail: |