Oh, Ralstonia!
Vier Namen in vier Jahrzehnten -
damit ist das als "Knallgasbakterium" bekannte Bodenbakterium in der Welt der Wissenschaft schon ganz schön herumgekommen. Seit 2004 lebt es als "Cupriavidus necator" in der "Deutschen Sammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen" in Braunschweig.
Glosse
Eine Katze mit dem Hang zum Streunen hat sie vielleicht: Eine Biographie wie aus dem Zeugenschutzprogramm der Polizeibehörden. Vier Namen und wechselnde Identitäten. Als "Fleckchen" vom Bauernhof lebt unser Kätzchen von Weihnachten bis August in der Familie mit den garstigen Kindern im Grundschulalter, wird als "Maxe" dann von einem kinderlosen Paar an der Autobahnraststätte aufgefunden. Zuviel Liebe war aber auch nicht das Wahre und "Frau Hoffmann" verbringt angenehme Jahre auf dem Sofa eines Akademikers, der die halbe Nacht an seinem Schreibtisch sitzt. Als der in die Toskana geht, wechselt sie zur älteren Nachbarin, wo das "Zigeunerle" noch ein Gnadenbrot bekommt.
Nun zur Sache: In der Szene bekannt als "Knallgasbakterium" nannte man das Bodenbakterium 1969 "Alcaligenes eutrophus" und stellte seine anspruchslosen Existenzbedingungen fest. 1990 ehrte man mit seiner Umbenennung in "Wautersia eutrophus" den belgischen Mikrobiologen Georges Wauters. Sechs Jahre später war der Ruhm offenbar schon verjährt, das Bakterium erwuchs zum Hoffnungsträger in Sachen biologisch abbaubares Plastik, und angeblich verband ein Wissenschaftler auch ganz private Hoffnungen mit "Ralstonia eutropha" und nannte das Kleinstlebewesen (plötzlich weiblich!) nach seiner Frau, als wäre es ein Schiff und sie eine Millionärsgattin. Beide Hoffnungen zerschlugen sich (zumindest vorerst): Bioplastik erwies sich in der Herstellung als zu teuer, weil das Bakterium dafür große Mengen teuren Zuckers benötigte, und woran die Ehe mit Ralstonia kurz danach scheiterte, ist leider nicht bekannt. Als "Cupriavidus necator" findet man es heute in der "Deutschen Sammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen" in Braunschweig.
(ehl)
Fakten
So richtig weiß man nicht, wohin mit ihm. Inzwischen trägt es schon den vierten Namen, und immer wieder macht es auch als Hoffnungsträger von sich reden. In der Szene bekannt als "Knallgasbakterium" (Es lebt von Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid), versprach man sich von ihm die Rettung aus der Erdölabhängigkeit. Das Bodenbakterium mit der wechselnden Geschichte kann nämlich einen biologisch abbaubaren Kunststoff erzeugen, verbraucht dafür aber leider große Mengen teuren Zuckers, so dass sich das Verfahren bisher als unrentabel erweist. 1990 nannte ihn ein Wissenschaftler nach seiner Frau Ralstonia. Doch die Ehe ging angeblich kurz danach dennoch in die Brüche. Zuvor hieß es zu Ehren des belgischen Mikrobiologen Georges Wauters "Wautersia eutrophus". Als "Cupriavidus necator" findet es sich heute in der "Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen" (DSMZ) in Braunschweig. Entdeckt und zuerst beschrieben wurde es 1969 als "Alcaligenes eutrophus" und als anspruchslos bezeichnet. (ehl)
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