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Und täglich grüßt die Wissenschaft
26.06.2007

Magnetisches Gedächtnis

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2 GHz
ist die Taktrate eines magnetischen Speicherchips, die durch ein in der PTB entwickeltes Verfahren möglich wird.

Glosse

Ein wirrer Haufen von Nägelchen - nichts für den ordnungsliebenden Handwerker, der sie in Reih und Glied in seinem Kasten sehen will. Bei dieser Aschenbrödelaufgabe fliegt zwar kein Täubchen zur Hilfe. Doch plötzlich, wie von Geisterhand bewegt, kommt Leben in die kleinen Stifte aus Blei. Die einen schnellen herum, die in den hinteren Reihen brauchen noch ein Weilchen, sind dann aber, bis auf ein paar nur herumzuckende Nachzügler, auch mit dabei: beim halbkreisförmigen Synchronliegen. Dirigent dieser Darbietung: ein Magnet. Das magnetische Prinzip kommt neuerdings auch manchen Computerspeichern zugute: In MRAM-Chips wird Information nicht über elektrische Ladung, sondern über die magnetische Ausrichtung der Zellen gespeichert - nur, dass die synchrone Reaktion hier ein Problem darstellt. Was tun, damit nur die anvisierte Zelle auf den magnetischen Impuls reagiert? Denn zu lange noch dauert es, bis manche der Nachbarzellen nach Hin- und Hertaumeln endlich mitkriegen, dass nicht sie gemeint sind. Hans Werner Schumacher von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig hat per Simulation ein Verfahren entwickelt, wie Speicherzellen angesteuert werden können, ohne die umliegenden zu stören. Seine "Ballistische Methode" muss jetzt nur noch auf den experimentellen Prüfstand. Dann wird diese Art der magnetischen Anziehungskraft sicher auch auf die Wirtschaft wirken. (mba)



Fakten

Der Arbeitsspeicher in einem Computer ist bislang so etwas wie das Kurzzeitgedächtnis im menschlichen Gehirn. Benötigte Informationen können hier auf schnellem Weg abgelegt und wieder abgerufen werden. Die in den letzten Jahren üblichen Speicherchips SRAM oder DRAM haben keinerlei Langzeitgedächtnis: Sie sind "flüchtig". So geht beispielsweise bei jedem Ausschalten eines PCs der gesamte Inhalt des Arbeitsspeichers verloren. Beim Hochfahren müssen deshalb alle Programme und Dienste neu gestartet und wieder ins elektronische Gedächtnis (RAM) geladen werden.
Bei spezifischen Anwendungen wäre eine Art Langzeitgedächtnis wünschenswert, das einen schnellstmöglichen Zugriff erlaubt. Dieses Manko können magnetische Speicherchips (MRAM=Magnetic Random Access Memory) beheben: Denn sie "merken" sich sämtliche gespeicherten Informationen, auch wenn zwischenzeitlich die Stromzufuhr gekappt ist. Noch sind sie allerdings zu langsam, um diesen Vorteil voll entfalten zu können. Der Wissenschaftler Hans Werner Schumacher von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig hat jedoch eine Methode entwickelt, mit deren Hilfe man die magnetischen Speicherchips künftig auf innovative Art beschleunigen kann.
Die bisherige Langsamkeit magnetischer Speicherzellen gründet in einem physikalischen Prinzip. In einem MRAM wird die digitale Information nicht in Form von elektrischer Ladung gespeichert, sondern über die magnetische Ausrichtung von Speicherzellen (Magnetspins). Während des Speichervorgangs wird außer der anvisierten Memory-Zelle aber auch eine Vielzahl umliegender Nachbarn magnetisch mit angeregt - sie geraten ins Trudeln, kreiseln umher. Bis diese Anregung abklingt - was bis zu etwa zehn Nanosekunden dauert -, kann keine weitere Zelle des Chips adressiert werden. Dadurch ist die maximale Taktrate bislang auf etwa 100 MHz begrenzt.
Mithilfe seiner "Ballistischen Methode" umgeht Schumacher diese Begrenzung: "Der Trick ist, das jeweilige Bit direkt anzusteuern, ohne die anderen Zellen im MRAM zu stören." Mit diesem bereits per Computersimulation getesteten Verfahren wäre in Zukunft eine Taktrate von 2 GHz möglich - fast doppelt so hoch wie die maximale Taktrate der modernsten handelsüblichen Speicher-Bausteine.
Bahnbrechende Erfindungen beruhen häufig auf einem einfachen Prinzip. Auch Schumachers MRAM-Beschleunigungs-Trick ist in abstrakter Betrachtung ebenso einfach wie einleuchtend: Der Puls der "ballistischen Methode" sorgt dafür, dass die Magnetisierung einer zu schaltenden Zelle eine halbe Präzessionsdrehung (180°) vollführt, während eine Zelle, deren Speicherzustand unverändert bleiben soll, eine volle Präzessionsdrehung (360°) beschreibt. In beiden Fällen ist die Magnetisierung nach Abklingen des Magnetpulses im Gleichgewichtszustand, und es treten keine magnetischen Anregungen mehr auf. Eine Null bleibt eine Null, eine Eins eine Eins. Alle Magnetfelder sind auf einen Schlag richtig ausgerichtet, das zeitraubende Kreiseln ist passé.
Was bislang in der Simulation geglückt ist, will Schumacher in Kürze experimentell nachweisen: "Wir werden anhand von Messungen an MRAM-Zellen zeigen, dass diese Methode auch in einer gesamten Programmmatrix funktioniert."
Sollte dies sich einlösen, könnten laut Schumacher MRAM zur "eierlegenden Wollmilchsau der Speicher" werden: Denn diese sehr universellen Speicherchips erlauben neben der nichtflüchtigen Informationsspeicherung auch einen schnellen Zugriff, eine hohe Integrationsdichte sowie eine unbeschränkte Anzahl von Schreib- und Lesezyklen. Damit kombinieren sie die Vorteile aller etablierten Speichertechniken und haben dadurch das Potential zum so genannten "Universal Memory", der DRAM, SRAM und Flash ersetzen könnte. Ihre Marktfähigkeit wird allerdings von preisgünstiger Produktion abhängen, die derzeit noch nicht möglich ist. (mba)



Kontaktinformationen

Name: Dr. Hans Werner Schumacher
Institution: Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Arbeitsgruppe "Niedrigdimensionale Elektronensysteme"
Adresse: Bundesallee 100
38116 Braunschweig
Telefon: 0531/592-2414
WWW: http://www.ptb.de
E-Mail:
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