Regen im phaeno

Wie Sterntaler sieht man sich auf der Videowand im phaeno stehen, hebt sein Hemdchen oder seinen Schal und fängt Buchstaben auf, die von oben zu regnen scheinen. Auf meiner ausgestreckten Hand tanzt das Wort "Nebel", verblasst langsam und neue Buchstaben rieseln auf das Hindernis, werden aufgefangen, tänzeln und verblassen. Es sieht so spielerisch aus, so leicht wie Schneeflocken rieseln die Lettern.

Es regnet so friedlich, wie es eben nur regnen kann. Nichts von den feurigen Zungen, die am ersten Pfingstfest vom Himmel auf die Menschen kamen. Nichts von den Donnergewalten, in deren Getöse sich die macbethischen Hexen zum Bösen verabreden. Nicht einmal ein Landregen rauscht herunter. Es regnet Lettern und Wörter wie leichte Bindfäden.

Ich reiche ein Ende des Schals an einen nicht mehr ganz jungen Mann mit weißen Haaren, auf denen gerade das Wort "Erde" verblasst. Wir spannen den Schal wie ein Segel und fangen nun zusammenhängende Worte wie "Wolkenkuckucksheim" auf.

Am Anfang habe ich mich noch gefragt, wie diese Videoinstallation technisch funktioniert. Es muss wohl irgendwie computeranimiert sein, sage ich mir nun und lasse ein "B" von der Schulter gleiten. Ersonnen und realisiert hat das israelische Künstlerpaar Camille Utterback und Romy Achituv dieses interaktive Exponat "Text Rain" in der Wolfsburger Experimentierlandschaft. Und der nicht mehr ganz junge Mann lädet mich ins phaeno-Café ein. (ehl)

Im Regen

Es regnet Buchstaben oder schneit es sie? In einer Videoinstallation können die Besucher der Wolfsburger Experimentierlandschaft phaeno Buchstaben und Wörter mit ihren Körpern auffangen. Dabei steht der Betrachter vor seinem gefilmten Spiegelbild. Computeranimierte Buchstaben rieseln herab und werden von Hindernissen in Form dunklerer Stellen auf dem Filmbild aufgehalten. Sie verblassen und neue erscheinen.
Mit ausgebreiteten Armen oder gespannten Schals lassen sich Wörter und Sätze auffangen. Es sind Gedichtzeilen zum Thema Wetter und Körper, die den Raum auch gedanklich so offen halten wie die Leinwand für den Blick des Besuchers. Camille Utterback und Romy Achituv schlagen mit ihrer Installation "Textregen" Verbindungen von Wetterzeichen zur Schrift. Lesend steht der Mensch in dem bindfädigen Regen und breitet die Arme zu den Nachbarn aus, um gemeinsam noch mehr Wörter und Zeilen zu fangen. (ehl)