Sie rast, sie rinnt
Ü40
Eine Lebenserwartung jenseits von 80 hin oder her. Da die Zeit mit zunehmendem Alter zu rasen scheint, ist die gefühlte Lebenszeit deutlich kürzer - wissen nicht nur die Psychologen der TU Braunschweig.
Glosse
Die Rolle des Guten übernimmt heute einmal das Statistische Bundesamt, meldet es doch eine erneut angestiegene Lebenserwartung in Deutschland. Männer schaffen es bis zum 76. Lebensjahr, Frauen bis zum 82. Da das Gute aber nie ohne das Böse auskommt, musste auch diese Rolle besetzt werden. Die Psychologie hat sich hier ohne viel Federlesens auf die Bühne gestellt und ruft einem gespannt lauschenden Publikum zu: "Pah, Lebenserwartung! Beachtet die gefühlte Zeit!" Und schon ziehen dunkle Wolken hinter den Stirnen der Zuhörer auf, werden sie doch daran erinnert, was sie täglich erleben und erleiden: Die Zeit, sie rast dahin und nimmt spätestens bei den Ü40 derart Fahrt auf, dass Abend- und Morgensonne sich die Hände geben können und eine Woche ja schon zu Ende scheint, bevor sie begonnen hat.
Die Psychologie hat nun tatsächlich die Mathematik bemüht und ausgerechnet, wie viel gefühlte Zeit in ein Menschenleben passt. In jungen Jahren mag ein Jahr noch ein Jahr sein. Aber irgendwann tritt der Herr der Zeit aufs Gaspedal. Bei den Ü30 fühlt es sich vielleicht noch wie 10 Monate an. Bei den Ü40 ist die erlebte Zeit nur noch die Hälfte wert. Jenseits der 50 nähern wir uns den kleinen Prozentzahlen. Und es wird nicht besser. In der Summe kommt - liebe Ü40, jetzt müsst ihr stark sein - eine gefühlte Lebenszeit von vielleicht 50 Jahren heraus.
Wer den Psychologen trotz dieser bitteren Erkenntnis nicht gram ist und noch etwas mehr über das menschliche Zeitempfinden erfahren möchte, sollte sich den Vortrag von Werner Deutsch und Meike Watzlawik heute um 19 Uhr im Haus der Wissenschaft (Aula der TU, Pockelsstraße 11) nicht entgehen lassen. Aber Vorsicht: Die Vortragsstunde könnte wie im Flug vergehen!
(jes)
Fakten
Freitag, 6. Juli 2007, 19 Uhr
"Zeit empfinden - Strukturen und Prozesse des individuellen Zeiterlebens"
Werner Deutsch, Meike Watzlawik (Institut für Psychologie, TU Braunschweig)
Alles hat seine Zeit - Reden hat seine Zeit und Schweigen hat seine Zeit, Pflanzen hat seine Zeit und Ernten hat seine Zeit. In Braunschweig steht in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt die Atomuhr, die Stunden, Minuten, Sekunden und Bruchteile von Sekunden exakt misst. Tickt die Uhr im Menschen anders, wenn es um das Erleben von Zeit geht? Wann fangen wir an, uns zu langweilen, und wann vergeht die Zeit wie im Fluge? Werner Deutsch und Meike Watzlawik aus der Abteilung für Entwicklungspsychologie der TU Braunschweig stellen Fragen zum Zeiterleben und geben in ihrem Vortrag Antworten, die von der Atomuhr über das Gehirn zum individuellen Erleben der Zeit im Alltag
führen.
Kontaktinformationen
Name: | Prof. Dr. Werner Deutsch, Dr. Meike Watzlawik |
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Institution: | Technische Universität Braunschweig, Abteilung für Entwicklungspsychologie |
Adresse: |
Spielmannstraße 19 38106 Braunschweig |
E-Mail: |