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Und täglich grüßt die Wissenschaft
03.08.2007

Bonbons für Mama, Ohrfeigen fürs Kind

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Eine einzige verlässliche Bezugsperson
- kann genügen, damit ein Leben auch unter widrigen Umständen gelingt. Zum Beispiel, wenn man mit 16 Mutter wird.

Glosse

Der Riese zieht einen zermatschten Schokoladenkuchen aus der Tasche - den ersten Geburtstagskuchen, den der kleine Harry Potter je bekommen hat. Wildhüter Hagrid ist in Harrys Welt erstmal der einzige, der glaubt, dass aus dem Waisenkind kein Spinner, sondern ein berühmter Zauberer werden wird. Wer so einen Menschen hat, eine einzige verlässliche Bezugsperson, dessen Leben kann gelingen, auch wenn alle Umstände dagegensprechen. Gibt es jemanden, der mir etwas zutraut, dann wirkt das wie ein Zauberspruch. Oder als Resilienzfaktor, psychologisch gesprochen. Mädchen, die im Teenageralter schwanger werden, haben das oft nicht, weiß Hans-Joachim Schwartz von der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel. Sie phantasieren davon, einem Baby die Liebe zu geben, die sie nie erfahren haben. Doch das geht fast immer schief. Wie ältere Schwestern konkurrieren sie mit dem Kind, geben sich selbst die Bonbons und dem bettelnden Kind eine Ohrfeige. Bereits Babys stellen sich dann auf ihre labilen Mütter ein, sind still und überangepasst. Und schon traut sich manche überforderte Mami ein zweites Kind zu - schließlich kommt durch Unterhalt und Kindergeld eine Menge Geld zusammen. Und fürs Ego ist es besser, Mutter zu sein als eine chancenlose Jobbewerberin. Die Studentinnen des Fachbereichs Sozialwesen der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel springen wie verlässliche Hagrids bei den Mamas ein und wollen ihnen vermitteln, dass Kinderhaben auch Spaß machen kann. Schokokuchen für die Psyche. (abe)



Fakten

Ein Baby fürs eigene Ego

Fünfmal mehr Hauptschülerinnen als Gymnasiastinnen bekommen im Teenageralter ein Kind. "Man muss vorsichtig sein mit Schlussfolgerungen", sagt der Psychologe Hans-Joachim Schwartz von der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel. "Aber es scheint, dass sich heute viele Mädchen aus prekären Verhältnissen ein Kind wünschen." Durch Kindergeld, Elterngeld und den Unterhalt, den das Jugendamt für sechs Jahre übernimmt, wenn man Vater nicht ermitteln kann oder will, kommt eine Menge Geld zusammen. Mehr als eine schlecht ausgebildete Frau je verdienen wird. Und Mutter sein ist allemal besser fürs Ego, als sich als perspektivlose Schülerin oder frustrierte Arbeitslose zu erleben. "Selbstwertdienlichkeit" nennt das Schwartz: "Ohne die kann niemand leben." Viele der Mädchen hatten selbst eine lieblose Kindheit und möchten dem Baby all die Liebe geben, die ihnen fehlte. Doch fast immer scheitern sie damit. Denn sie sind selbst noch mit den Entwicklungsaufgaben beschäftigt, die in ihrem Alter anstehen. Da erscheint das eigene Kind schnell als Konkurrenz, mehr wie ein nerviges Geschwisterchen als wie jemand, den sie bemuttern möchten.
Die Studentinnen des Projekts "Soziale Familienarbeit" im Fachbereich Sozialwesen begleiten die jungen Mütter für ein Jahr. Die psychologische Forschung zeigt, dass ein Leben auch unter widrigen Umständen gelingen kann, wenn eine verlässliche Bezugsperson da ist. Die Studentinnen, die für die Mädchen zu solchen Bezugspersonen werden, müssen dabei manche Zurückweisung einstecken und sich von dem Wunsch verabschieden, eine Familie "retten" zu können. Ihre Arbeit hat dennoch Aussicht auf Erfolg, meint Schwartz, wenn sie den jungen Müttern vermitteln können: Kinderhaben macht immer wieder auch Spaß. (abe)



Kontaktinformationen

Name: Prof. Dr. Hans-Joachim Schwartz
Institution: Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, Fachbereich Sozialwesen
Adresse: Ludwig-Winter-Straße 2
38120 Braunschweig
Telefon: 0531/2852-140
Fax: 0531/2852-100
WWW: http://www.fh-wolfenbuettel.de
E-Mail:
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