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Und täglich grüßt die Wissenschaft
25.08.2007

Voll auf die Nüsse

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780 Nanometer
Wellenlänge hat tiefrotes Licht, das menschliche Augen gerade noch wahrnehmen können. Die Kamera des WKI arbeitet im langwelligeren Infrarot zwischen 3000 und 5000 Nanometern.

Glosse

Fast wär's wieder passiert. Da beißt man herzhaft in die appetitliche Nussschokolade - und bricht sich fast die Zähne ab! Hat sich doch wieder eine Schale eingeschlichen, die bei der Produktion durchgerutscht ist. Super! Zugegeben, immer noch nicht so schlimm wie die Geschichten mit der Maus in der Marmelade oder der Fingerkuppe im Dosengulasch, die manchmal in der Zeitung stehen. Aber meine Beißerchen wollte ich eigentlich noch 'ne Weile gebrauchen...
Also kann ich den Herren der Fließbänder in der Lebensmittelindustrie nur dringend empfehlen, sich bessere Methoden zuzulegen. Scheint ja nicht immer zu funktionieren, das Aussortieren von Fremdkörpern. Meistens läuft das vollautomatisch, mit Kameras und Luftstrahl oder so. Wenn die denn erkennen, was raus muss.
Klar, Nussschalen sind heikel. Ähnliche Farbe, ähnliche Größe, keine magnetischen Unterschiede... Zweiglein zwischen Rosinen oder Holzsplitter zwischen Weingummis kann man gar nicht richtig finden. Ist ja alles nur ein unförmiger, wirrer Haufen.
Kann man doch, meint das Team um Peter Meinlschmidt vom Fraunhofer Institut für Holzforschung (WKI). Denn Gummi und Holz oder Nuss und Schale leiten Wärme anders weiter. Manchmal nur ganz wenig anders, aber das reicht schon: Man feuert einen kurzen Wärmepuls auf die Fließbandfüllung ab, und die Infrarotbildkamera nebenan kann sofort sehen, was länger warm bleibt oder sonstige innere Macken hat. Wär schön, wenn sich das durchsetzt. Wenn auch nicht für meinen Zahnarzt... (ds)



Fakten

Wärmefluss Thermographie nennt sich die Methode, Gegenstände zerstörungsfrei auf Qualität zu prüfen. Was in der technischen Industrie schon länger zum Einsatz kommt, etwa um Schweißnähte zu überprüfen oder Wärmelecks bei Gebäuden zu finden, eignet sich auch für den Einsatz in der Lebensmittelindustrie. Eine solche technische Qualitätssicherung ist umso wichtiger, je weniger Menschen in der Produktion beteiligt sind, je schneller die Produkte durch den Herstellungsprozess laufen und - je größer der Preisdruck auf die Zulieferer. Die meisten Fremdkörper in der Lebensmittelindustrie stammen aus der Rohstofflieferung - bei Obst und Gemüse können sich Steine und Pflanzenteile einschleichen, bei entkernten oder entschalten Produkten bleiben oft Reste von Kern und Schale, und nicht zuletzt verbleiben nach dem Transport manchmal Teile von Holz- oder Kunststoffverpackung unter der Ware.
In einem Forschungsprojekt hat das Fraunhofer Institut für Holzforschung Wilhelm Klauditz Institut (WKI) das thermographische Prüfverfahren für die Lebensmittelindustrie, speziell für Süßwaren, getestet. In einigen Fällen genügt schon die passive Thermographie, wenn die Wärmeabstrahlung von Produkt und Fremdkörper sich unterscheidet. Die Thermographie macht sich zunutze, dass alle Körper Wärme in Form elektromagnetischer Wellen ausstrahlen - die Infrarot-Emission. Lebende Körper bleiben (außer bei großer Hitze) wärmer als ihre Umgebung, tote Gegenstände nehmen mit der Zeit in etwa die Temperatur ihres Umfelds an. Eine Wärmebildkamera macht Temperaturunterschiede sichtbar, indem sie sie in Graustufen bzw. Falschfarben umsetzt. Moderne Bildverarbeitungsmethoden erlauben, ein solches optisches Erkennungsverfahren weitgehend zu automatisieren.
Erfolgreich bei "toten" Lebensmitteln ist die aktive Infrarot Thermographie: Ein kurzer Wärmeimpuls auf die Oberfläche der Messobjekte, durch Infrarotstrahler, UV Licht oder Ultraschall, "wandert" von dort ins Körperinnere. Materialien mit geringerer Wärmeleitfähigkeit oder ebensolche Fehler unter der Oberfläche behindern den Wärmetransport. Dort bleibt die Oberfläche länger warm.
In den meisten Fällen reicht für eine solche Untersuchung schon die Erwärmung von wenigen Zehntel Grad Celsius aus, um die Unterschiede sichtbar zu machen. Das ist besonders wichtig für die Prüfung temperaturempfindlicher Süßwaren, etwa von Schokolade oder gefrorenen Rohstoffen. (ds)



Kontaktinformationen

Name: Dipl.-Phys. Peter Meinlschmidt
Institution: Fraunhofer-Institut für Holzforschung - Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI)
Adresse: Bienroder Weg 54E
38108 Braunschweig
Telefon: 0531/2155-449
WWW: http://www.wki.fraunhofer.de
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