Ein Mittel gegen Nervosität, bitte!
Cryphonectria parasitica
Ein schädlicher Pilz macht sich in Deutschland breit - doch jetzt schlagen Forscher der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Braunschweig zurück.
Glosse
Wer erinnert sich noch an den Italiener Stefano Stefani? Deutsche mögen das Urlaubsland Italien und die Hitze - der Tourismus-Staatssekretär aber mochte die Deutschen nicht und verlor die Nerven. "Sie fallen lärmend über unsere Strände her", polterte Stefani, weswegen Bundeskanzler Gerhard Schröder tief beleidigt seinen Italien-Urlaub absagte und der Staatssekretär seinen Hut nehmen musste.
Ein Forschungsprojekt der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) in Braunschweig mit deutschen und italienischen Forschern beweist zweierlei. Zum einen: Die deutsch-italienische Freundschaft kann nichts zerstören. Zum zweiten: Auch in Deutschland ist es, bedingt durch den Klimawandel, ganz schön warm geworden. Gemeinsam mit ihren ausländischen Kollegen bekämpfen BBA-Experten einen schädlichen Pilz, der in Italien zuhause war und nun über die Alpen nach Deutschland gereist ist, weil ihm das feuchtwarme Wetter so sehr behagt. Er befällt mit Vorliebe Esskastanien und bringt sie zum Absterben - doch die Forschergruppe ist auf dem Weg, dem Schädling mit einem Hypovirus den Garaus zu machen.
Übrigens: Esskastanien werden nirgendwo so gern gegessen wie in Italien; sie stärken, so sagt man, das Nervenkostüm. Das hätte der italienische Staatssekretär besser beherzigen sollen.
(boy)
Fakten
Der Krankheitserreger Cryphonectria parasitica hat in den vergangenen Jahren den Sprung über die Alpen geschafft. Der ursprünglich aus Asien stammende Pilz löst den Rindenkrebs der Esskastanie aus. In Italien trat er erstmalig 1938 auf. Die Esskastanie ist weit verbreitet, daher entwickeln die Italiener Strategien, um sie vor dem Krebstod zu bewahren. Da die Baumart in Deutschland mit größerem Flächenumfang nur regional begrenzt (Baden-Württemberg/Rheinland-Pfalz) vorkommt, eignet sich das überschaubare Gebiet gut, um die Wirksamkeit bestimmter Bekämpfungskonzepte zu überprüfen. So verfolgen die Forscher einen Ansatz, bei dem ein natürlicher Gegenspieler des Pilzes, ein so genanntes Hypovirus zum Einsatz kommt. Es schwächt den Pilz so sehr, dass befallenen Bäume nicht mehr absterben. Zudem sind diese vom Virus befallenen Pilzstämme in der Lage, die aggressiveren vom Baum zu verdrängen. Man infiziert daher in Italien zum Teil die Bäume bewusst künstlich mit dem vom Hypovirus befallenen Pilz, um der aggressiven Variante zuvor zu kommen. Leider konnte auf der Nordseite der Alpen eine natürliche Hypovirulenz bisher nur sehr vereinzelt nachgewiesen werden. Deshalb versuchen die BBA-Forscher, geeignete hypovirulente Stämme des Pilzes künstlich im Labor zu produzieren.
http://www.bba.bund.de/cln_045/nn_806762/DE/ pressestelle /Presseinfos/2007/2501__klimawandel.html (boy)
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