Was Lackforscher auf die Palme bringt?
Polymerisation
ist der chemische Prozess, der kleine kurze Moleküle durch Aneinanderreihung zu langkettigen Riesenmolekülen auffädelt (Wilhelm Klauditz Institut für Holzforschung WKI).
Glosse
Erdöl. Beziehungsweise Erdölpreise. Bringen die Lackforscher auf die Palme. Ist doch ganz klar: Wenn das Erdöl teurer wird, geht das nicht nur den Autofahrern an die Kasse -- schließlich ist das "Schwarze Gold" zu mehr nutze als nur zum Verfeuern. Man kann damit Straßenasphalt herstellen, aber auch Klebstoff, Plastik aller Art, Nylonstrümpfe oder Farben und Lacke. Wird das Erdöl teurer, steigen natürlich auch die Preise aller Endprodukte. Es sei denn, man nimmt statt Erdöl anderes Rohöl. Hauptsache, das Öl enthält die organischen Moleküle, die mit Kohlenstoff in der Mitte. Die kann man dann zu den verschiedenen Riesenmolekülen, den Polymeren, verknüpfen. Woraus sich eben die Kunststoffe zusammensetzen. Und die Lacke. Die Lackforscher in Braunschweig haben jetzt neben Raps- oder Sonnenblumenöl, deren Bestandteile schon in vielen Anstrichen zu finden sind, auch zum Palmöl gegriffen. In Südostasien möchte man das Palmöl nicht nur zu Lebensmitteln oder Seife verarbeiten, sondern hochwertige Produkte erzeugen. Mit einfachen chemischen Veränderungen wird ein geeigneter Lackrohstoff daraus, das konnten die Forscher vom Fraunhofer Institut für Holzforschung (WKI) und ihre Kollegen in Malaysia zeigen. Der Lack daraus ist recht kratzfest, sogar bei feuchter Hitze beständig und verfügt über eine natürliche Schmutzabweisung. Kein Wunder, dass jetzt auch deutsche Konzerne in diese Forschung investieren. Ist eh besser für die Umwelt... (ds)
Fakten
"Der entscheidende Vorteil von Palmöl ist seine beinahe unbegrenzte Verfügbarkeit", erklärt Dr. Stefan Friebel, Projektleiter für die Entwicklung von Lacken aus Öl am Fraunhofer Institut für Holzforschung (WKI). Damit meint er den Vorteil gegenüber anderen Erdöl-Alternativen wie Raps- oder Sojaöl. Trotz des Biodiesel-Booms ist der Weltmarktpreis von Palmöl verglichen mit anderen pflanzlichen Ölen noch am niedrigsten. Das macht die Sache wirtschaftlich. Zum anderen hat die Natur bei Pflanzenölen schon vorgearbeitet: Sie liefert schon hochfunktionelle Moleküle, die sich mit relativ wenig Energieaufwand in chemische Rohstoffe umwandeln lassen. Erdöl hingegen muss erst mit viel Energieaufwand in seine unterschiedlich schweren Einzelteile getrennt und dann in kurzkettige Moleküle gespalten werden, bevor man sie wieder zu Kunststoffen zusammenbaut und weiterverarbeitet.
Hochwertige Lacke aus Palmöl erhält man durch einfache chemische Veränderungen an den Doppelbindungen und Carboxylgruppen der Palmölfettsäuren. Auch hierbei kommen kostengünstige Nebenprodukte zum Einsatz, diesmal solche aus der oleochemischen Industrie. So entstehen hochwertige und doch günstige Grundstoffe für die Polymerisation, für jenen Prozess, der kleine kurze Moleküle zu langen Ketten auffädelt: Die Riesenmoleküle, aus denen Kunststoffe bestehen. Mit den üblichen Technologien der Industrie entstehen Polymere, Lackharze und Klebstoffe, in punkto Qualität mindestens vergleichbar mit den bisher üblichen Produkten, berichten die Forscher. Mit Standard-Kratztests maßen sie die Haltbarkeit ihrer lackierten Oberflächen. Sie erfüllten erfolgreich die Anforderungen der deutschen DIN-Norm für Möbellacke und zeigten sich auch bei trockener und feuchter Hitze sehr beständig. Aber auch die Witterungsbeständigkeit der palmölbasierenden Lacke ist hervorragend. Dabei erfüllen die Lacke auch alle Umweltanforderungen hinsichtlich Lösemittelgehalt über das Jahr 2010 hinaus. In Zukunft wollen die Forscher untersuchen, wie sich auf Palmölbasis auch wasserverdünnbare Lacke und Klebstoffe herstellen lassen. Wichtig zu wissen ist auch, dass durch diese stoffliche Nutzung des Palmöls kein Regenwald abgeholzt werden muss. Die Mengen, die für die Lackherstellung nutzbar sind, bewegen sich im Promillebereich der Gesamtproduktion vom Palmöl (der zehnte Teil eines Prozents). (ds)
Kontaktinformationen
Name: | Dr. Stefan Friebel |
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Institution: | Fraunhofer-Institut für Holzforschung - Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI) |
Adresse: |
Bienroder Weg 54 E 38108 Braunschweig |
Telefon: | 0531/2155-329 |
WWW: | http://www.wki.fraunhofer.de/ |