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Und täglich grüßt die Wissenschaft
08.10.2007

Gib Gas, Elektron!

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Elektronen
werden demnächst in der PTB mit einer neuen Anlage im Kampf gegen Krebs und für die Dosimetrie-Forschung beschleunigt.

Glosse

Wie stellen Sie sich denn einen Physiker vor? Vielleicht so: Er sitzt denkend und rechnend mit dicker Hornbrille, Kordhose, Karopulli und zausigen Haaren an seinem Schreibtisch, auf dem sich stapelweise Formelsammlungen und Journale türmen, der Computer schnurrt wie ein kleines Kätzchen im Hintergrund und sein Alltag scheint allein auf seine einzig wahre Liebe ausgerichtet zu sein: Seine Arbeit! Dabei vergisst er die Welt um sich herum und lebt in einer Sphäre, in der von Hektik und Schnelligkeit keine Rede ist. Das Leben läuft hier ein bisschen langsamer ab.
Weit gefehlt! Denn in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig ist man am Puls der Zeit, da geht es mit Tempo in eine neue Forschungszukunft. Dort entsteht eine neue Elektronenbeschleunigeranlage, die wegen ihrer Möglichkeiten weltweit konkurrenzlos ist. Von den drei Beschleunigern wird es zwei geben, wie sie auch in Kliniken für Strahlentherapien genutzt werden. Der dritte ist ein 11 m langer Elektronen-Linearbeschleuniger, der vor allem für die Grundlagenforschung verwendet werden soll. Das gesamte Bauprojekt - bestehend aus den Beschleunigern und dem dafür eigens errichteten Gebäude - schlägt mit 14 Mio. Euro zu Buche. Mit dieser Anlage soll das Messwesen in Strahlenschutz und Strahlentherapie, die Dosimetrie, optimiert und weiterentwickelt werden. Eine Strahlentherapie kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Strahlung richtig dosiert wird. Genaue und zuverlässige Messtechnik soll dazu beitragen, dass weitere Fortschritte in der Krebsforschung erzielt werden. Und damit diese Ziele auch geschwind erreicht werden, wird seit einigen Tagen die erste Strahlung erzeugt, indem die Elektronen fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Aber denken Sie dran: Solche Geschwindigkeiten sind nur was für Physiker - lassen Sie's lieber langsam angehen! (mse)



Fakten

Beschleunigte Elektronen im Bau

In der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig entsteht gerade eine neue Elektronenbeschleunigeranlage, wie es weltweit keine zweite auf dem Forschungsgebiet der Dosimetrie in der Strahlentherapie gibt. Bereits 1992 wurde ein erster Raumbedarfsplan vorgelegt, jedoch erst zehn Jahre später bewilligte das Bundesministerium für Finanzen die Baumaßnahme. Seit zwei Jahren wird nun mittlerweile das kellerlose Gebäude mit einer Nutzfläche von 1000 m2 errichtet. Aus Strahlenschutzgründen sind die Betonwände bis zu 3,30 m und die Decken bis zu 1,85 m dick. Die Kosten belaufen sich auf 14 Mio. Euro, wovon die eine Hälfte für die Beschleuniger verwendet wird, die andere entfällt auf den Bau. Die neue Anlage soll die Einheitlichkeit des Messwesens in der Teletherapie mit hochenergetischer Photonen- und Elektronenstrahlung für Krebspatienten garantieren. Ende 2007 soll die Anlage in Betrieb genommen werden, doch schon seit wenigen wird die erste Strahlung erzeugt. In dem Gebäude selbst befinden sich nur die Versorgungsräume und die Bedienungsräume für zwei Therapiebeschleuniger und einen 11 m langen Elektronen-Linearbeschleuniger für die Grundlagenforschung, welcher ein Energiespektrum von 0,5 MeV - 50 MeV hat. Die Beschleuniger sind nur über abgewinkelte Gänge, so genannte "Labyrinthe", zu erreichen. Die Büros der Wissenschaftler befinden sich in einem angrenzenden Gebäude. Da laut Robert Koch Institut im Jahr 2000 rund 187000 Patienten insgesamt 10 Mio. Bestrahlungsvorgängen unterzogen worden sind, ist die Verbesserung der Strahlentherapie von großer Bedeutung. Für den Erfolg einer Therapie ist nicht zuletzt die Qualität der klinischen Dosimetrie verantwortlich; diese ist in Deutschland zwar schon sehr gut, was auch auf die Grundlagenforschung der PTB zurückzuführen ist, sie kann allerdings immer noch verbessert werden. Außerdem ist die Weiterentwicklung der dosimetrischen Messtechnik wichtig für eine neue Methode der Strahlentherapie: Die intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT). Hierbei wird der Patient von verschiedenen Seiten mit Strahlungsfeldern unterschiedlicher Form, Größe und Intensität bestrahlt. Die Strahlungsfelder werden während der Bestrahlung durch bewegliche Wolframblenden modifiziert. Ziel ist es, die räumliche Dosisverteilung dem Volumen des Tumors möglichst genau anzupassen. Die Strahlen gehen zwar durch den gesamten Körper, sie überschneiden sich allerdings genau im Tumor und können so effizienter auf erkranktes Gewebe einwirken und gesundes weitestgehend unzerstört lassen. (mse)



Kontaktinformationen

Name: Dr. Klaus Derikum
Institution: Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Stabsstelle 6.201 (Neubau Elektronenbeschleuniger)
Adresse: Bundesallee 100
38116 Braunschweig
Telefon: 0531/592-6209
WWW: http://www.ptb.de/
E-Mail:
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