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Und täglich grüßt die Wissenschaft
27.10.2007

Das Auto für Rücken und Knie

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Best Age
heißt die Zielgruppe der über Sechzigjährigen, an deren Komfort und Mobilitätsverhalten im Automobil das Institut für Transportation Design an der HBK unter anderem forscht.

Glosse

Im Nacken zieht's beim Kopfverrenken, Kurzsichtigkeit paart sich mit Weitsichtigkeit, und die morgendlich steifen Finger wollen den Zündschlüssel nicht drehen. Oder, wie Horst Schlämmer alias Hape Kerkeling klagen würde: "Ich habe Kreislauf, Rücken und Knie". Was schon den Jungspunt ab und an ereilt, kann dem "Best Ager" ab 60 womöglich grundsätzlich das Autofahren vermiesen. Um Autofahrern jeden Alters mehr Komfort zu bieten, haben Studenten am Institut für Transportation Design der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig innovative Ideen fürs Auto der Zukunft erarbeitet. Gegen Vergesslichkeit gibt's einen handschmeichelnden "Carfinder". Der Sitz dreht sich einladend dem Fahrer entgegen, um sich und den Spiegel dann wie von selbst über einen personalisierten elektronischen Datenschlüssel in die richtige Position zu bringen. Mit sicherem Rundumblick geht's dann durch die Stadt, bis optimierte Fahrerassistenz lästiges Kopfdrehen beim Einparken erspart. Ein mobiler Griff hilft beim Aussteigen, und wenn's ans Ausladen geht, stört kein Bücken und Zerren mehr: Der Einkaufskorb im Kofferraum kullert einem sanft über murmelgroße Kügelchen entgegen. All dieser Service tut aber dem Image keinen Abbruch: "Universal Design" heißt die Devise - mit besten Empfehlungen an die Autobauer. Oder mit Herrn Schlämmer: "Weisse Bescheid?" (mba)



Fakten

Ob "Best Ager", "Silver Generation" oder "Generation Gold" - die Altersgruppe derer über Sechzig ist in der Wirtschaft heiß umworben. Auch in der Automobilbranche sind die reisefreudigen, kaufkräftigen und gar nicht greisen "neuen Alten" eine der wichtigsten Zielgruppen - mit spezifischen Bedürfnissen. Dabei gilt es jedoch, kein "Auto für Alte" zu konzipieren, sondern ein modernes, benutzerfreundliches, "intelligentes" Gefährt mit durchaus dynamischem Image.

Am neu gegründeten Institut für Transportation Design an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig (HBK), das sich an der Schnittstelle zwischen Mobilitätsforschung, Zukunftsforschung, Konstruktion und Design etabliert hat, entwickelten Studenten im vergangenen Wintersemester Ideen für das Auto der näheren Zukunft.

Ihre im Sommer auf dem HBK-Rundgang auch der Öffentlichkeit präsentierten Entwürfe widmen sich spezifischen Problemfeldern wie Ein- und Ausstieg, Ausladen des Kofferraums, Sitzen und Cockpitgestaltung. "Wichtige Kriterien für die Lösungsansätze waren Übersichtlichkeit, gute Erreichbarkeit und das Vermeiden von Komplexität", sagt Projektmitarbeiter Andreas Poser.

Schon auf dem Weg zum Auto könnte das Kurzzeitgedächtnis dem Fahrer einen Streich spielen. Wo hat er es geparkt? Die Lösung ist ein "Carfinder", eine Art Kompass in der Form eines Handschmeichlers, auf dessen Display ein blinkender Punkt zum vermissten Auto führt.

Um einen besseren Einstieg zu ermöglichen, werden Schiebetüren und erhöhte Sitze zum Standard. Eine besonders einstiegsfreundliche Variante ist ein Sitz, der sich dem Fahrer oder Beifahrer um 90 Grad entgegendreht und dann auf Knopfdruck in die richtige Position hineinschwenkt.

Gleich mehrere Annehmlichkeiten für Jung und Alt bietet ein elektronischer Datenschlüssel. Er bedient nicht nur Schloss und Zündschloss, sondern speichert auch auf den jeweiligen Fahrer eingestellte Daten wie Spiegel- und Sitzeinstellung, bei Bedarf auch ausgewählte Musik oder sogar den Raumduft eigener Wahl. Ohne jegliches Bücken, Drehen und Justieren ermöglicht dies einen schnellen und problemlosen Fahrerwechsel.

Da viele Ältere den Kopf nicht mehr so gut drehen können, bietet Rundumsicht durch erhöhtes Sitzen und viel Glas allen mit eingeschränktem Bewegungsradius größere Übersichtlichkeit und damit mehr Sicherheit. Um mögliche Einbußen bei Reaktionsgeschwindigkeit und Konzentration auszugleichen, sehen einige Entwürfe zusätzlichen Komfort und besondere Fahrerassistenzsysteme vor. "Dazu gehört eine Fahrerassistenz, die nicht zu abstrakt ist, sondern beispielsweise rein audio-visuell dargestellt werden kann", erläutert Andreas Poser.

Schwierigkeiten beim Aussteigen sind ein oft von Senioren beklagtes Detail. Gehört der schon erwähnte schwenkbare Sitz nicht zur Fahrzeugausstattung, dann kann ein mobiler Griff, der am Schlossbügel befestigt wird, zur Ausstiegshilfe werden.

Kofferräume mit hohen Ladekanten haben im zukünftigen Best-Ager-Automobil ausgedient. Auf ebener Ladekante könnte eine Fläche als Beladehelfer ausgefahren werden, damit man sich beim Ausladen nicht bücken oder in den Kofferraum hineinlehnen muss. Alternativ können auf Luftdüsen gelagerte Kugeln in Murmelgröße in die Ladefläche integriert sein, die sich um ein paar Millimeter erheben, damit die Einkäufe oder der Koffer sanft darüberrollen. Als pfiffiges Detail gibt's einen Haken fürs Aufhängen der Handtasche oder der Jacke beim Entladen.

Und schließlich ist auch an die Privatsphäre gedacht: Von klar auf getönt schaltbare Scheiben und im Inneren Sitze, die man für einen netten Plausch einander zudrehen oder bei Kommunikationsunwilligkeit voneinander abwenden kann - nackenfreundlich allemal.

Hinter all diesen Entwürfen steckt jedoch keine Methusalem-Stigmatisierung, wie Andreas Poser betont:" Die Entwürfe entspringen dem Gedanken des Universal Design, welchem eine zielgruppenübergreifende Gestaltung zugrunde liegt". (mba)



Kontaktinformationen

Name: Dipl.-Des. Andreas Poser
Institution: Hochschule für Bildende Künste, Institut für Transportation Design (ITD)
Adresse: Johannes-Selenka-Platz 1
38118 Braunschweig
Telefon: 0531/391-9052
WWW: http://www.hbk-bs.de
E-Mail:
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