Alkohol mit Mehrwert
Ein Alkohol mit Mehrwert
ist das Frostschutz- und Feuchthaltemittel Glycerin, das heute in riesigen Mengen bei der Biodieselproduktion entsteht und in allerlei Nützliches verwandelt werden kann, z.B. in industrietraugliche Schmierstoffe oder Biokunststoffe. Die Verfahren haben Forscher der TU Braunschweig und der FAL entwickelt.
Glosse
Manche Chemikalien stecken voller Überraschungen, wie das bei Kindern beliebte Schokoei mit Plastikinnereien. Der Alkohol Glycerin zum Beispiel: Die durchsichtige Flüssigkeit ist natürlich nicht im wörtlichen Sinne "Was Spannendes, was zum Spielen - und Schokolade!", doch Glycerin taugt immerhin als Grundlage für Sprengstoffe, als Frostschutzmittel, Salbengrundlage - und steckt als Süßungsmittel in manchem Naschwerk. Glycerin wird aus Erdöl oder Pflanzenöl gewonnen, entsteht aber auch bei der Biodieselproduktion. Und das inzwischen in riesigen Mengen, die sich niemals allein in Scheibenwischanlagen oder Cremedöschen unterbringen ließen. Kein Wunder also, dass Forscher ihre Kreativität spielen lassen und das "Bioglycerin" in ganz neue, spannende Substanzen umwandeln wollen. Braunschweiger Wissenschaftler zum Beispiel können daraus Schmierstoffe und Biokunststoffe machen. Sollten sich diese Verfahren bald auch wirtschaftlich rechnen, landet das Biodiesel-Abfallprodukt einst vielleicht sogar als Bioplastik in der gelben "Ü-Ei"-Kunststoffkapsel. Dann könnten die Marketingstrategen ihren berühmten Slogan neu auflegen und die Werbe-Gören könnten ihre Wünsche an das multifunktionelle Einkaufsmitbringsel der Mutti noch ganz zeitgemäß um ". und was mit Nachhaltigkeit!" ergänzen. (ah)
Fakten
Ein Alkohol der besonderen Art bereitet Industrie und Forschung zurzeit Kopfzerbrechen. Glycerin heißt die Substanz, die heute vor allem als Frostschutzmittel und Salbengrundlage zum Einsatz kommt und seit Jahrzehnten überwiegend aus Erdölprodukten hergestellt wird. Doch seit kurzem gibt es Glycerin im Überfluss, denn die Substanz entsteht in großen Mengen bei der Biodieselproduktion. "Zurzeit fallen in Deutschland jedes Jahr 400000 Tonnen an, für die nahe Zukunft rechnen wir in Europa mit rund einer Million Tonnen Glycerin pro Jahr", berichtet Müfit Bahadir, Experte für Umweltchemie und Professor an der Technischen Universität Braunschweig. Das sei rund zehn Mal so viel, wie für die Herstellung klassischer Produkte benötigt werde. Die Wissenschaftler suchen deshalb intensiv nach neuen Glycerin-Produkten. Gerade testen sie, ob sich aus der öligen Flüssigkeit industrietaugliche Schmierstoffe gewinnen lassen. Dazu muss sie mit geschickt gewählten Zusätzen gespickt werden. Beweise für die Industrietauglichkeit der Bioschmierstoffe wollen die Forscher spätestens Mitte nächsten Jahres vorlegen.
Nur wenige Kilometer entfernt entwickeln Wissenschafter um Professor Klaus Vorlop an der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft Verfahren, um Bioglycerin in Kunststoffe zu verwandeln. Die ersten Ergebnisse seien viel versprechend, sagt Vorlop. Weitere Tests sollen die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens zeigen. (ah)
Kontaktinformationen
Name: | Prof. Dr. mult. Dr.h.c. M. Bahadir |
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Institution: | Technische Universität Braunschweig, Institut für Ökologische Chemie und Abfallanalytik |
Adresse: |
Hagenring 30 38106 Braunschweig |
Telefon: | 0531/391-5960 |
WWW: | http://www.tu-braunschweig.de |
E-Mail: |