Der Beifahrer Ihres Vertrauens

"Intelligenz ist unabhängig von der Trägersubstanz", jubelten die Pioniere der Künstlichen Intelligenz, jener Wissenschaft, die Automaten das Denken beibringt. Das Duell "Schaltkreise gegen graue Zellen" ist noch nicht entschieden: Wurde ein Computer schon Dame-Weltmeister, liegen im Schach Mensch und Maschine noch gleichauf. Wenn es darum geht, in unübersichtlichen Situationen die günstigste Handlungsalternative auszuwählen, können Menschen die Unterstützung von Maschinen gut gebrauchen, meint Siegfried Jetzke, Logistikprofessor an der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel. Fahren Sie mal von München nach Hamburg und hören in Würzburg, dass sich bei Kassel ein Stau gebildet hat. Was tun? Tante Elfriede anrufen und sagen, dass sie den Gänsebraten lieber warmstellen soll? Schon mal die Umleitung ansteuern? Oder sich entspannt zurücklehnen, weil das nur die Frühaufsteher betrifft, die jetzt schon in Kassel sind? Der Software-Agent, den Siegfried Jetzke derzeit entwickelt, weiß es. Er kalkuliert ein, wie sich die anderen Autofahrer bei schlechtem Wetter oder einer Staumeldung verhalten, denn er ist mit zahllosen Beobachtungsdaten gefüttert. Er spielt alle Möglichkeiten durch, errechnet die Wahrscheinlichkeit, rechtzeitig anzukommen, und hilft bei der Entscheidung: Wäre es vielleicht die günstigere Lösung, umzukehren? Wie lange würde Ihre Familie warten, bis sie die Gans aufputzt? (abe)

Stau - und nun?

Im Radio läuft die Staumeldung. Jetzt heißt es für Autofahrer, jede Menge Entscheidungen zu treffen: Nehme ich die empfohlene Umleitung? Oder gehe ich davon aus, dass schon alle anderen auf die Umleitung ausweichen, und bleibe, wo ich bin? Und muss ich jetzt schon meine Verabredung absagen, weil ich den Termin nicht einhalten kann? Trete ich aufs Gaspedal, fahre ich entspannt weiter oder gönne ich mir erstmal eine Pause? Hinzu kommen noch die Faktoren, die man nicht selbst beeinflussen kann: das Fahrverhalten anderer etwa oder die Wetterlage.
Was Autofahrer hoffnungslos überfordert, ist ein Fall für einen Software-Agenten. Siegfried Jetzke, Physiker und Professor für Logistik an der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, entwickelt mit Partnern derzeit einen solches Programm. Man muss sich das wie ein spontan auf die Verkehrslage und die Wünsche des Fahrers reagierendes Navigationssystem vorstellen. Der Agent spielt die verschiedenen Möglichkeiten durch (Simulation) und ermittelt mit mathematischen Methoden ein Optimum. Auch für den Konstrukteur ist es kaum möglich, die beste Lösung abzusehen: "Das System merkt sich sie keine Abläufe, sondern Regeln für Entscheidungen", erklärt Jetzke. Eine Faustregel, die sich aus den in das System eingespeisten Verkehrsbeobachtungen ableitet, verrät er allerdings: Hat man den täglichen Stau im Berufsverkehr vor sich, kann man die Umleitungsempfehlung auch mal ignorieren. Bei einem unberechenbaren Stau in Folge eines Unfalls dagegen hält man sich besser daran. Wenn man sich allerdings am Anfang des Staus befindet, sieht die Situation schon wieder anders aus. Ach, besser man überlässt das doch dem Agenten. (abe)