Kabinen über den Wolken
Flugkabinen
müssen nicht unbedingt ein Sardinenbüchsen-Feeling mit sich bringen. Wie sie in Zukunft modular auf unterschiedliche Bedürfnisse von Passagieren zugeschnitten werden könnten, beschreibt ein Szenario-Projekt an der HBK.
Glosse
Kreidebleich, Herzrasen, verkrampfte Finger? Angst über den Wolken? Für betuchte Reisende in Zukunft vielleicht kein Problem mehr. Denn "das sicherste Flugzeug der Welt" bietet nicht nur psychologisch-innenarchitektonische Konzepte gegen Flugangst, sondern auch technische Finessen für Ernstfälle in luftiger Höhe. So zumindest eines der Szenarien des "Future Airplane"-Projekts am Institut für Transportation Design der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig (HBK), in welchem Studenten in Kooperation mit Airbus visionäre Konzepte für zukünftige Flüge entwickelten. Wie in den anderen Szenarien steht eine Aufteilung des Flugzeugs in Kabinenmodule im Vordergrund - voneinander getrennte und auf individuelle Bedürfnisse zugeschnittene Passagierkabinen, die allerlei Annehmlichkeiten zu bieten haben. Bei Unfall, Brand oder Bombendrohung könnten die Kabinen sich einzeln vom Flugzeugrumpf abkapseln und mit einem Fallschirm sicher auf die Erde segeln. Auch ein Unglück über dem Meer wäre kein Problem, denn sie können natürlich schwimmen. Und wenn die Suchtrupps trotz automatischer Ortung auf sich warten lassen: Wasser und Nahrung für drei Tage hat jede Kabine an Bord. Flugangst verflogen? Abenteuerlust geweckt? Die Zukunft hat noch mehr zu bieten: Abenteuer-Flüge sind ein weiteres Projektszenario. (mba)
Fakten
Wie Flugreisen in 20 bis 30 Jahren von der Buchung bis zum Auschecken funktionieren könnten, beschreibt ein Szenario-Projekt am Institut für Transportation Design der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig (HBK). Im "Future Airplane Project" entwickelten und präsentierten 19 Studenten in Kooperation mit dem Flugzeugbauer Airbus Konzepte für zukünftige internationale Reisen über den Wolken.
"Ein innovativer, visionärer und offener Ansatz war gefragt, der diverse Reiseszenarios in einer Zeit ab 2020 umsetzt, die den spezifischen Bedürfnissen unterschiedlicher Reisender entspricht. Schwerpunkte waren dabei beispielsweise der Passagier- und Gepäcktransport, die Gestaltung von Langstreckenflügen und die fortschreitende Globalisierung", erklärt Mobilitätsforscher Stephan Rammler, der das Projekt als Professor betreute.
Die Ansätze der Studenten nahmen dabei zwei Konzeptvarianten in den Blick. Die prognostizierte wachsende Schere zwischen Arm und Reich erfordert neue Konzepte fürs kostengünstige Reisen wie beispielsweise mehr Selbstbedienung. Auf der anderen Seite erwarten viele Reisende mehr vom Fliegen als nur den Transfer zum Zielort. Bereits das Fliegen selbst kann zum Erlebnis oder zum nützlichen Zeitvertreib werden: Event-, Wellness- und Erlebnisreisen, "Kreuzflüge", Möglichkeiten zur Fortbildung oder für den schon lange aus Zeitgründen verschobenen Besuch beim Arzt, Friseur oder Kosmetiker.
Ein Ansatz, der beide Aspekte bedient, ist ein modulares Flugzeug. Das Flugzeug selbst wäre nur noch auf seine Hülle mit Tragflächen und Cockpit reduziert, an die austauschbare Kabinenmodule eingehängt werden. Ohne zeitraubende Reinigung der Kabinen zwischen den Flügen kann die aktuelle Kabine einfach samt Passagieren und Gepäck ins startbereite Flugzeug geschoben werden. Zudem ermöglichen solche Module größere Flexibilität. Denn das Flugzeug könnte auch mit mehreren variabel modifizierbaren Kabinenmodulen bestückt werden. So könnte es je nach Ausbuchung zum einen größer oder kleiner werden, zum anderen aufgrund der unterschiedlich buchbaren Module auf einem einzigen Flug ganz unterschiedliche Bedürfnisse der Passagiere an Bord erfüllen.
So ist beispielsweise ein Flugzeug für Geschäftsreisende denkbar, das ganz ohne Gepäckraum auskommt. Bedürfnisorientiert könnten Buchungen per Quadratmeter, je nach tatsächlichem Platzbedarf, durchgeführt werden. Bestimmte Kabinen könnten individuell zugeschnitten für Gruppen oder Familien gebucht werden. Geschäftsreisende oder Wissenschaftler finden womöglich ein komplett eingerichtetes Büro mit allem Drum und Dran in ihrer Kabine vor. Der individuellen Note sind in der forschenden Fiktion erst einmal keine Grenzen gesetzt: Von der Sitzgestaltung bis über Farbe, Kabinentemperatur und Raumduft soll alles individuell buchbar sein.
Aber auch die Sicherheit der Passagiere wird durch das modulare Kabinensystem gestärkt. Im Brandfall, bei Bombendrohung oder anderen Gefahren könnten die Kabinen einzeln abgekoppelt werden und per Fallschirm sicher auf die Erde segeln.
Um eine nahtlose Reise zu gewähren, könnte das modulare System schließlich auch auf den Transport von Automobilen erweitert werden: Wie auf einer Fähre fährt man mit seinem Wagen ins Flugzeug und geht so auch wieder von Bord. (mba)
Kontaktinformationen
Name: | Prof. Dr. Stephan Rammler |
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Institution: | Hochschule für Bildende Künste, Institut für Transportation Design (ITD) |
Adresse: |
Johannes-Selenka-Platz 1 38118 Braunschweig |
Telefon: | 0531/391-9296 |
WWW: | http://www.transportation-design.org |
E-Mail: |